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Über Rassismus

Daß Rassismus zweifellos ein gesellschaftliches Problem und eine große Herausforderung darstellt, ist unbestritten. Hinsichtlich seiner Definition spricht das Gesetz klare Worte: Niemand darf aufgrund seiner Herkunft, seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seines Geschlechtes benachteiligt werden. Auf jeden dieser Begriffe hat sich eine negative Übersteigerungsform herausgebildet; so spricht man etwa, um auf besonders ausgeprägtes Fehlverhalten hinzuweisen, von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Fundamentalismus und Sexismus. Was nun den eigentlichen Rassismus angeht, so ist klar, daß ihn die christliche Ethik, um nicht mit ihren Prinzipien zu brechen, nicht billigen kann. Viele sind sich darüber einig, daß Rassismus etwas Verwerfliches sei, und über seine Erscheinungsformen herrscht weitgehend Klarheit, doch nur wenig ist über seine wahren Ursachen und seine geistigen Wurzeln bekannt. So reicht etwa die bloße Feindschaft zweier rivalisierender Völkerschaften nicht aus, um ihn zu erklären. Daß diese Feindschaft ihn jedoch umgekehrt noch verstärkt, wenn er bereits latent vorhanden ist, dürfte auf der Hand liegen.
    Wie etwa kann einer einem anderen, der ihm gerade erst begegnet ist und den er daher noch kaum kennt, rassistische Vorurteile entgegenbringen? Nun, vielleicht wird er merken, daß der andere anders ist. Das Anderssein scheint demnach ein hervorstechendes Merkmal des Rassismus zu sein, allein das erklärt aber noch nicht, was an der Verschiedenartigkeit so störend ist. Diese Unterschiede müssen sich übrigens nicht unbedingt auf Äußerlichkeiten beziehen, sondern es können durchaus abweichendes Verhalten oder Denken sein, welche die Andersartigkeit begründen. Der Rassist entdeckt im anderen offenbar Eigenschaften, die er an sich selbst nicht akzeptieren würde. Dies können ganz einfache Merkmale sein wie etwa Körpergröße, Gesichtsausdruck, Form und Farbe der Augen und Haare und schließlich die Hautfarbe, alles Eigenschaften, die zum Teil schon innerhalb einer Rasse auftreten. Damit haben wir jetzt zwar einige auslösende Momente angeführt, die Anlaß geben können für verschiedenste Arten der Diskriminierung, wissen aber noch immer nicht, warum Wertschätzungen scheinbar so vorgenommen werden, daß alle diese rassetypischen Merkmale in den Augen eines Rassisten als minderwertig erscheinen.
    Es dürfte klar sein, daß der hochgewachsene, kräftige Kaukasier auf den in seinen Augen kleinen und schwächlichen Mongoliden verächtlich herabblickt und um keinen Preis mit ihm tauschen möchte. Es mag auch ein ausgesprochener Mangel an Selbstwertgefühl sein, durch den Rassismus geschürt wird, wenn an der anderen Rasse nämlich Vorteile erkannt werden, die innerhalb der eigenen nicht zu verzeichnen sind, die aber dennoch von vielen als Merkmale des Besserseins angesehen werden. So mag vielleicht der hellhäutige, häufig bartlose und am Körper wenig behaarte Europäer dem
»rassigen« Orientalen dessen Brustbehaarung und ausgeprägten Bartwuchs neiden, weil er diesem dadurch im Kampf ums weibliche Geschlecht größere Vorzüge eingeräumt sieht, und aus diesem Defizit kann Haß erwachsen. Weil Männer glauben, daß Frauen, was die Ausbildung eines ganz bestimmten Körperteils anbelangt, übertrieben Wert auf Größe legen, werden Schwarze von ihren weißen Rivalen häufig um ihre ausgeprägtere Männlichkeit beneidet, und man läßt sie die eigene Verkürztheit büßen. Gleichwohl können Verachtung und Neid nicht die einzigen Triebfedern des Rassismus sein, weil dies doch relativ niedere Beweggründe sind, eher typisch für ungebildete Menschen aus der Unterschicht, Rassismus hingegen auch unter Höherstehenden anzutreffen ist.
    Rassismus entspringt höchstwahrscheinlich einem kulturellen Vergleiche ziehen, denn die kulturellen Unterschiede sind unübersehbar, darüber läßt sich kaum streiten. Bereits die alten Griechen zogen diese Vergleiche, dadurch daß sie alles Nichtgriechische als barbarisch bezeichneten, d.h. als roh und ungeschliffen, um sich ausdrücklich davon zu distanzieren. Rassismus ist nichts anderes als ein Zum-Ausdruck-bringen unüberbrückbarer kultureller Distanzen. Nahezu die gesamten technisch-wissenschaftlichen Errungenschaften der Neuzeit, die, um sie hervorzubringen, ihrem Wesen nach ein hohes Abstraktionsvermögen und gewaltige Denkanstöße erforderten, die weit über die sinnlichen Erfahrungen, die allen Völkern gemein sind, hinausgehen, sind dem westlichen Kulturkreis entsprungen. Sie reichen zurück in eine Zeit, in der die Welt nur aus Europa und sonst nichts außer Kolonien und Mandatsgebieten bestand. Dies begründet die abendländische Überheblichkeit, und auch wenn heute die ehemalige Kolonialbevölkerung das Abendland überfluten mag, so assoziiert der aufgeklärte Europäer mit den Genannten noch immer nichts weiter als Dritte-Welt-Bevölkerung oder in die Freiheit entlassene Sklaven. Diese müssen daher per Definition niedrig stehen, wenn nicht gar unter dem Weißen, und daran vermag selbst die per Gesetz verordnete Gleichheit aller nichts zu ändern. In Folge wird selbst der Bastard seiner Herkunft nach eher zu den Unteren gerechnet als zu den Oberen, denn ihm wird angelastet, daß er sich nicht rein erhalten hat, auch wenn ihn die Schuld daran nicht persönlich treffen mag.
    Rassismus ist seinem Wesen nach eine Erscheinungsform der Aggression. Aggression kann verschiedene Gründe haben. Biologisch gesehen sind es wohl eher hormonelle und damit gefühlsmäßige Ursachen, welche die Aggressionen steuern, und nicht nur bloße Gedanken. Männliche Sexualhormone, die das Triebleben des Mannes bestimmen, sind auch ausschlaggebend für sein Feindverhalten. In dem Zusammenhang dürfte auffallend sein, daß Frauen generell weniger rassistisch sind als Männer, und in bezug auf die letzteren kann rechtsextremen Elementen auch nicht gerade Friedfertigkeit, Weichlichkeit und Unmännlichkeit nachgesagt werden, selbst wenn Springerstiefel und Glatze nicht notwendig ein Zeichen von Stärke sind, sondern vielmehr Attribute des Wunsches, Angst und Schrecken zu verbreiten, aus welchem Grund auch immer. Was Rassismus von gewöhnlicher krimineller Energie unterscheidet, ist, daß er zielgerichtet auf einen bestimmten Personenkreis abhebt, dem sogenannte Sündenbockeigenschaften beigemessen werden können. Es genügt dabei nicht ein einzelner Schuldiger, sondern es muß sich um eine an ihren Merkmalen eindeutig identifizierbare Gruppe handeln, die fest umrissen ist, um Racheakte desto gezielter ausüben zu können. In der Natur, würde man sagen, frißt eine Art die andere. Das gilt nicht nur fürs Tierreich, sondern erstreckt sich auch auf den Menschen. Allerdings ist es nicht die Regel, daß eine Art sich selbst auslöscht, was partiell dem Menschen nachgesagt wird. Somit wird, entgegen dem wahren Sachverhalt, eine fremde Rasse vom Menschen vermeintlich als andere Art eingestuft, welch letztere These wohl als einzige das Phänomen Rassenhaß befriedigend erklären kann. Wenn das aber ein unentrinnbares Naturgesetz ist, so wäre zugleich der Rassist von jedem Vorwurf freigesprochen. Staatliche Institutionen haben ein gleichberechtigtes Leben aller zu gewährleisten und können daher Rassismus nicht dulden, es sei denn nach einer allgemeinen Kriegserklärung, wo diese Dinge keine Rolle mehr spielen. Dem Menschen ist wie jedem anderen fleischfressenden Lebewesen der Jagdinstinkt zu eigen, eine an sich gute Eigenschaft. Dieser erstreckt sich nach dem Gesagten keineswegs auf seine Fleischlieferanten, sondern zieht in Form des Kannibalismus und Rassismus auch die eigene Art in Mitleidenschaft. Kannibalen aßen ebenfalls nie Mitglieder der eigenen Sippe oder Familie, die sie ihrem Arterhaltungstrieb folgend verschonten, sondern suchten ihre Opfer stets unter Fremden aus, erlegten Feinden etwa. Kannibalismus geschah keineswegs nur aus rituellen Vorstellungen heraus, sondern hatte meist ganz praktische Gründe, nämlich Eiweißmangel. Es ging dabei schlichtweg ums Überleben, unabhängig von hinzukommenden rituellen Vorstellungen. So dürfte auch darin der Rassismus seine Parallelen besitzen. Wo immer Gefahr im Verzug ist, daß die eigene Existenz durch Fremde bedroht oder gefährdet ist, keimt sofort Rassismus auf. Politiker und Wirtschaftsbosse sehen diese Gefahren nicht immer und beschreiten in der ihnen eigenen Borniertheit Wahrheiten zu negieren häufig den falschen Weg. Nur sollten sie soviel Psychologie mit auf den Weg nehmen, daß sie wenigstens zugeben, daß die Natur am Ende immer der Stärkere ist und sich, egal wie, durchsetzt, und daß ihr, wenn erst gewisse Hemmschwellen erreicht oder überschritten sind, kein Gesetz jemals Einhalt zu gebieten vermag. Wenn es sich tatsächlich so verhält wie hier vorgetragen, so bleibt der schöne Traum so mancher Pazifisten und Kriegsgegner noch lange, auf nicht absehbare Zeit nämlich, eine reine Wunschvorstellung, die sie in ihrem Leben nicht mehr werden in Erfüllung gehen sehen.
    Wer sind nun die geistigen Urheber des Rassismus? Seit jeher haben die Menschen erkannt, daß in der Natur das Recht des Stärkeren gilt und das Starke sich gegen das Schwache durchsetzt. Alle früheren Regierungsformen der heute fast ausschließlich demokratisch regierten Staatengebilde weltweit haben die Sklaverei als etwas ganz Selbstverständliches angesehen. Zuletzt wurde die Leibeigenschaft in Rußland abgeschafft. So lange hat es also gedauert, bis die Thesen der Aufklärung, daß nämlich alle Menschen frei und gleich geboren sind und auch vor dem Gesetz gleich behandelt werden wollen, sich durchgesetzt haben. Dann betrat Charles Darwin die Bühne der Naturwissenschaft. Er legte als erster wissenschaftliche Beweise dafür vor, was bisher viele zwar geahnt, aber nicht bestätigt gesehen haben, daß nämlich in der Natur aufgrund der natürlichen Auslese nur die Besten überleben und sich fortpflanzen können und somit den Bestand der eigenen Art sicherstellen. Seine Erkenntnisse und Folgerungen wurden nun von vielen auf die sozialen Gefüge übertragen, auf das menschliche Gemeinwesen. Es begann das Zeitalter des Nationalstaatentums sowie des Kolonialismus, dem nun eine späte Rechtfertigung an die Hand gegeben schien und dessen prominentester Verfechter das British Empire war. Der nachweislich seit den Schriften des römischen Geschichtsschreibers Tacitus sowie seit der Kaiserzeit durch verstärkte Missionierung schon immer latent vorhandene Antisemitismus keimte erneut auf, die Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln und Werte begann, ja sie trat bei einigen Staaten sogar in den Vordergrund. Die Opern Richard Wagners in ihrer Verklärung des Germanentums sind ein Spiegelbild dieser Strömung. In den Werken Friedrich Nietzsches wurde das Bild des Übermenschen entworfen, das dann vom Nationalsozialismus aufgegriffen und für seine Zwecke mißbraucht wurde. Deutschland mit seiner Ideologie eines reinrassigen, blutgleichen Volkes konnte in seinem übersteigerten Rassenwahn gegen die beinahe ebenso nationalistischen und rassistischen Kolonialmächte Holland, England und Frankreich ebensowenig bestehen wie in Amerika bereits Jahrzehnte vorher die wirtschaftlich stärkeren Südstaaten, denen durch die zahlenmäßig überlegenen Nordstaaten die Grundlage ihrer Existenz entzogen wurde, dadurch daß man die Sklaverei als unmoralisch brandmarkte und de facto abschaffte. Das gesamte Abendland trat seit jeher rassistisch in Erscheinung, getragen vom Sendungsbewußtsein der indogermanischen Abstammung. Aber nun, nachdem die Welt nach dem Ende des Kalten Krieges und verstärkt durch die Globalisierung näher zusammenrückt, passen solche Vorstellungen nicht mehr zu den Zielen weltweiter Handelsabkommen. Statt dessen werden neue Formen der Diskriminierung ausgedacht, die sich vornehmlich in der Lohnpolitik manifestieren.
    Wie nun ist Rassismus abschließend zu bewerten, wie kann er verhindert werden? Denn bewertet werden muß er als gesellschaftliches Problem. Daß er nicht ethisch ist nach dem Gesagten, wissen wir. Wenn es also nur eine Art Mensch gibt und diese Menschen untereinander alle gleich sind, dann ist Rassismus eindeutig zu verdammen, da er in diesem Falle gegen die eigene Art gerichtet ist. Geht man aber davon aus, daß es mehrere Arten Mensch gibt, dann ist Rassismus im Sinne der Erhaltung einer dieser Arten und der Durchsetzung ihrer Gene im biologischen Sinne durchaus natürlich und logisch, weil er dem Überleben der eigenen Art bzw. Rasse hilft, wobei es bei der Definition des Begriffes Art nicht entscheidend ist, ob die biologische Erkenntnis, daß es nur eine Art Mensch gibt, sich durchsetzt, sondern allein die subjektive Empfindung von Gleich- und Fremdartigkeit dafür ausschlaggebend ist. Es ist aber für den einzelnen keine leichte Entscheidung, Angehörige anderer Rassen als
»andersartig« einzustufen, vor allem wenn die Übergänge fließend sind, d.h. wenn das Vorhandensein von hinreichend vielen Bastarden die Entscheidung, welcher Rasse ein Mensch nun angehört, nicht gerade einfach macht. Hier liegt denn auch der Schlüssel dazu verborgen, wie Rassismus verhindert werden kann. Dies wird nur gelingen, wenn eine neue Art Mensch geschaffen wird, d.h. wenn nach hinreichend starker Durchmischung keine signifikanten Unterschiede mehr von Individuum zu Individuum feststellbar sind (gleich wie arm an Varietät eine solche Gesellschaft sein mag). Diese Lösung ist allerdings, zumindest in den nächsten Jahrhunderten, die die größten Umwälzungen bringen werden, mit mindestens ebenso großer Wahrscheinlichkeit erfolglos wie der Glaube an die friedliche Koexistenz der Völker.

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