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Buch III
Diese Übersetzung wurde ermöglicht durch die TU Berlin
HIER BEGINNT DAS DRITTE BUCH, DIE TATEN KÖNIG BALDUINS DES ZWEITEN
I. Die Weihe König Balduins am Ostersonntag
Die Folge des Todes von König Balduin war, daß die Bürger Jerusalems sogleich eine beratende Versammlung einberiefen, damit sie durch das Fehlen eines Königs nicht als desto schwächer angesehen würden. Zu ihrem König wählten sie Balduin, den Grafen von Edessa, einen Verwandten des verstorbenen Königs. Es traf sich, daß dieser gerade den Euphrat überschritten hatte und nach Jerusalem gekommen war, um sich mit seinem Vorgänger zu beraten. Am Ostersonntag wurde er einstimmig gewählt und wurde geweiht.
II. Die Einberufung des babylonischen Heeres (6 €)
III. Die Schlacht und das Hinmorden der Bürger von Antiochen, die mit den Türken kämpften (8 €)
IV. König Balduin, der das Kreuz des Herrn auf sich genommen hatte, eilte dem Volk von Antiochien zu Hilfe
Dem Massaker an denen von Antiochien folgte ein zweiter großer Sieg, der durch Gottes Gunst wunderbarerweise dem Volk von Jerusalem zufiel.
Denn sowie der obenerwähnte Roger den König in Jerusalem durch Boten benachrichtigt hatte, daß letzterer ihm zu Hilfe eilen solle, weil die Türken mit einem großen Heer gegen ihn angerückt kämen, ließ der König seine anderen Angelegenheiten fallen. Er war ausgezogen, um unweit des Jordans die von Damaskus zu bekriegen und hatte den Patriarchen mit dem Kreuz des Herrn mitgenommen. Nachdem er den Feind dauerhaft aus seinen Fluren vertrieben hatte, eilte ohne zu rasten weiter, um dem Volk von Antiochien beizustehen. Er nahm den Bischof von Cäsarea mit, der später äußerst ritterlich das Kreuz des Herrn im Kampf mit dem Feinde trug. Der König brachte auch den Grafen von Tripolis mit. Sie hatten zusammen zweihundertundfünfzig Ritter.
Als sie Antiochien erreichten, schickte der König eine Gesandtschaft an die Bürger Edessas, um ihnen zu befehlen, in einem Gewaltmarsch zu dem Unternehmen hinzuzustoßen, das gerade gegen die Türken geplant wurde. Nachdem sie sich dem König und den Bewaffneten aus Antiochien, die entweder aus der ersten Schlacht geflohen oder dem Tod durch Glück entronnen waren, angeschlossen hatten, wurde in der Nähe der Stadt Sardanah, die vierundzwanzig Meilen von Antiochien entfernt liegt, die Schlacht eröffnet. Die Zahl unserer Ritter belief sich auf siebenhundert, die der Türken auf zwanzigtausend. Ihr Führer war Ilghazi.
Ich glaube nicht übergehen zu dürfen, daß ein gewisser Türke, der bemerkte, daß einer unserer Ritter die persische Sprache beherrschte, die Worte an ihn richtete: "Ich sage Dir, Franke, warum wollt ihr Narren aus euch machen, wenn eure Mühe vergebens ist? Ihr könnt auf keine Weise die Oberhand über uns gewinnen, weil ihr wenige seid und wir viele. Sogar euer Gott hat euch aufgegeben, weil ihr euer Gesetz nicht haltet, wie ihr es sollt, noch Treu und Glauben unter euch selbst bewahrt. Wir wissen das, wir haben es erlebt und werden uns dementsprechend verhalten. Morgen werden wir ohne Zweifel gewinnen und euch bezwingen." O was für eine Riesenschande für die Christen, daß uns die Ungläubigen für unseren Glauben tadeln! Aus diesem Grunde sollten wir uns doppelt schämen und unsere Fehler, indem wir in uns gehen und Reue zeigen, auswetzen.
V. Die Schlacht und der durch die Kraft des allerheiligsten Kreuzes errungene Sieg sowie die Kreuzesaufnahme in Antiochien
Folglich wurde am nächsten Tag, wie gesagt, ein äußerst harter Kampf aufgenommen. Der Sieg auf einer der beiden Seiten war lange ungewiß, bis der Allmächtige die Türken zur Flucht zwang, indem er die Christen auf wundersame Weise gegen sie beseelte. Nichtsdestotrotz zersprengten die Türken anfangs die Christen beim Angriff in kleine Trupps und verfolgten sie bis nach Antiochien, wobei die Christen ihre Kameraden nicht wiedereingliedern konnten. Doch andererseits zerstreute Gott die Türken, von denen sich einige in der Stadt Aleppo in Sicherheit brachten und andere heim nach Persien flohen.
Ferner hatten sich der Jerusalemer König und der tripolitanische Graf und die Ihrigen als Bundesgenossen des höchst ruhmreichen Kreuzes erwiesen. Sie trugen es in die Schlacht als Diener des Herrn, kämpften unaufhörlich und ritterlich um es herum und ließen es nicht im Stich, indem sie beherzt auf dem Schlachtfeld standhielten. Durch die Macht dieses allerheiligsten und höchst wertvollen Kreuzes entriß der allmächtige Gott Seine Diener vor dem Zugriff des abscheulichen Türkenvolks und errettete Sein Volk für weiteren Missionen in Seinem Dienste.
Nach zwei Tagen Wachestehens auf dem Schlachtfeld und nachdem keine Türken in den Kampf zurückkehrten, nahm der König das Kreuz des Herrn auf und rückte gegen Antiochien vor.
Und der Patriarch von Antiochien kam zum Empfang des allerheiligsten Kreuzes, des Königs und des Prälaten, der es trug, entgegen. Sie alle statteten Gott ihren Dank ab und überschütteten den Allmächtigen, der den Christen durch das allerheiligste Kreuz den Sieg verlieh und der Christenheit das Kreuz unversehrt zurückbrachte, mit innigstem Lob. Sie weinten aus Frömmigkeit und sangen vor Freude; anbetungsvoll verneigten sie sich mit wiederholten Kniebeugungen vor dem der Verehrung so würdigen Kreuz und bezeugten beim Aufstehen in aufrechter Haltung erneut ihren Dank.
Die Sonne war während der Konstellation der Jungfrau zweimal aufgegangen
Als dieser Krieg geführt wurde, in welchem die Parther also besiegt wurden.
Zu jener Zeit hatte die Sichel des Mondes zehn Tage lang unverhüllt geschienen.
VI. Der Kreuzesempfang in Jerusalem (2 €)
VII. Der König bekam das Fürstentum Antiochien übertragen
Der König blieb jedoch, weil es die Not erforderte, bis zur rechtsgültigen Übertragung die Ländereien verstorbener Edler auf lebende, bis er Witwen, deren er viele fand, in frommer Zuneigung an Ehemänner verheiratet hatte und bis er vieles andere, was der Wiederherstellung bedurfte, neu organisiert hatte, in Antiochien. Denn so gut wie bis auf diese Zeit war er einfach nur König der Jerusalemer Bevölkerung gewesen, beim Tode des Fürsten Roger von Antiochien nun wurde Balduin auch zum König der Antiochener in diesem anderen Königreich gemacht.
Ich rate daher dem König dringend und ersuche ihn, Gott von ganzem Herzen und mit all seinem Verstand und seiner ganzen Kraft zu lieben, und daß er sich voll und ganz und mit Dankgebeten Gott darbringe, und daß er, der im Herrn einen guten Freund gefunden hat, sich als Sein demütiger Diener bekennt. Denn welchen von Balduins Vorgängern hat der Herr so sehr emporgehoben wie gerade ihn? Der Herr hat andere zu Besitzern von einem Königreich gemacht, ihn jedoch zu einem von zweien. Ohne Schwindel, ohne Blutvergießen, ohne den Ärger eines Rechtsstreits, allein durch göttlichen Willen bekam er sie in Frieden.
Gott gab ihm alles Land weit und breit von Ägypten bis Mesopotamien. Der Herr hat ihm gegenüber eine freigebige Hand bewiesen; er soll also darauf bedacht sein, gegenüber Gott, der reichlich gibt und dabei nicht kritisiert, nicht eine neidische Hand zu besitzen. Wenn Balduin ein wahrer König sein möchte, so möge er danach streben, gerecht zu regieren.
Der König kehrte, nachdem er vieles geschafft hatte, von Antiochien nach Jerusalem zurück. Am Heiligabend wurde ihm gemeinsam mit seiner Frau zu Bethlehem das königliche Diadem aufgesetzt.
VIII. Der Steuererlaß (2 €)
IX. Das Aufgebot der Türken sowie des Königs Feldzug gegen sie
Als wir sechs Monate in jenem Jahr in Jerusalem zugebracht hatten, trafen Boten aus Antiochien ein, die dem König und uns allen, die wir anwesend waren, verkündeten, daß die Türken den Euphrat überschritten hätten und in Syrien eingerückt seien, um die Christen lästig zu fallen, wie sie es bereits in der Vergangenheit getan hatten.
Dann, nachdem er sich Rat eingeholt hatte, wie es die Not gebot, erbat sich der König vom Patriarchen und dem Klerus höchst demütig, daß das siegreiche Kreuz des Herrn ihm anvertraut würde. Er sagte, daß dadurch er und die Seinen für die Schlacht gestärkt sein sollten, weil er glaubte, daß die Türken aus dem Land, welches sie bereits verwüsteten, nicht ohne einen harten Kampf vertrieben werden könnten. Weil er nicht auf seine eigene Stärke und die vielen Männer, die er hatte, vertraute, zog er es vor, zusammen mit Gottes Gunst und Beistand über dieses Kreuz zu verfügen anstatt über viele tausend Männer. Anders, d.h. ohne das Kreuz, trauten sich weder er noch die andern in den Krieg zu ziehen.
Darüber entsprangen große Meinungsverschiedenheiten zwischen denen, die in den Krieg gingen, und jenen, die in Jerusalem blieben, ob in einer solch entscheidenden Stunde für die Christenheit das Kreuz nach Antiochien weggebracht und ob die Kirche Jerusalems eines solchen Schatz beraubt werden sollte. Und wir sprachen: "Wehe uns! was machen wir, wenn Gott zuläßt, daß wir das Kreuz in der Schlacht verlieren, wie die Israeliten einst die Bundeslade verloren?" (1.Sam 4,10-11)
Doch wozu mehr niederschreiben? Die Not ermahnte uns; Vernunft lehrte uns. Wir taten, was wir nicht wollten, und was wir nicht wollten, dafür entschieden wir uns. Und nachdem viele Tränen aus Hingabe für das Kreuz vergossen worden waren und Loblieder ihm zu Ehren gesungen worden waren und der König und der Patriarch und alle Menschen rundum, barfüßig, es zur Stadt hinaus begleitet hatten, reiste der König weinend mit ihm ab, während das gemeine Volk in die Heilige Stadt zurückkehrte. Das war im Monat Juni.
Daraufhin zogen sie nach Antiochien, welches die Türken zu dieser Zeit so dicht bedrängten, daß die Einwohner sich kaum eine Meile weit hinauswagten. Als die Türken von der Ankunft des Königs hörten, kehrten sie sofort um, zogen sich in Richtung der Stadt Aleppo zurück, wo sie sich sicherer zu sein glaubten. Dort gesellten sich ihnen dreitausend Bewaffnete aus Damaskus hinzu.
Doch als sich ihnen der König in einem Gewaltmarsch näherte, um sich mit ihnen zu schlagen, und nachdem viele auf beiden Seiten durch Pfeile verwundet oder getötet wurden, verweigerten die Türken nichtsdestoweniger eine allgemeine Kampfhandlung. Nach drei Tagen eines ergebnislosen derartigen Gefechts kehrten die Unseren nach Antiochien zurück, und der größere Teil der Türken kehrte heim nach Persien.
Schließlich schickte der König das heilige Kreuz mit gebührenden Ehren zurück nach Jerusalem, während er persönlich im Gebiet von Antiochien verblieb, um das Land zu beschützen. Und somit bereiteten wir dem allerglorreichsten Kreuz des Herrn am dreizehnten Tag vor den Kalenden des November in Jerusalem wieder einen freundlichen Empfang.
X. Des Königs Feldzug gegen die Damaszener und das Schleifen ihrer Burg (12 €)
XI. Des Königs Feldzug gegen den Grafen von Tripolis und danach gegen die Türken
Im Jahr der Geburt des Herrn 1122 wurde ein Erzbischof von Tyrus, Odo mit Namen und der erste aus dem lateinischen Volke, nach Jerusalem berufen.
Damals brach der König nach Akkon auf, wo er die Seinigen versammelte, Fußvolk sowohl als Reiter. Sein Heer in Bewegung setzend und das Kreuz des Herrn bei sich, machte er sich auf nach Tripolis. Er wollte Rache nehmen für die Kränkung und Verachtung, die ihm der Graf jenes Gebiets, Pons mit Namen, zugefügt hatte, dadurch daß er sich weigerte, ihm zu gehorchen, wie Bertrand, Pons' Vater, es getan hatte. Doch durch Gottes Willen und die versöhnenden Worte der anwesenden Edlen auf beiden Seiten hörte der Graf auf die Vernunft, und Balduin und Pons schlossen miteinander Freundschaft.
Nachdem sie wieder miteinander ausgesöhnt waren, erschien dort vom Volk von Antiochien geschickt ein Erzbischof, der den König dazu drängte, so schnell wie möglich nach Antiochien zu eilen, um ihnen Beistand gegen die Türken zu leisten. Letztere würden das Land bereits verwüsten, und kein christlicher Herr könne ihnen widerstehen.
Als der König das hörte, eilte er sofort hinweg, wobei er dreihundert auserlesene Ritter und vierhundert der besten Fußkämpfer mitnahm, die von irgendwoher zusammenbrachte. Die restlichen seiner Leute kehrten entweder nach Jerusalem oder in ihre Heimat zurück. Doch als der König den Ort erreichte, wo sich, wie er gehört hatte, die Türken versammelt hätten und bereits eine Festung namens Sardanah belagerten, entfernten sich die Türken, weil sie dem König nicht entgegentreten wollten. Als letzterer dies erfuhr, ging er zurück nach Antiochien.
Darauf kehrten die Türken von neuem zu ihrem Vorhaben zurück. Als der König durch einen Bericht davon hörte, ritt er ihnen unverzüglich entgegen. Doch diese Menschen, da sie von echt parthischer Natur in ihrer Kampfestaktik sind und bezeichnenderweise nie lange an einem bestimmten Ort bleiben (schneller als man es sich vorstellen kann kehren sie ihrem Gegenüber bald das Gesicht, bald ihren Rücken zu, indem sie unter dem Anschein von Verzweiflung plötzlich fliehen und dann schnell umkehren, um wieder anzugreifen), haben sich nie darin geübt, auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt zu kämpfen, sondern vermeiden gänzlich ein Treffen und fliehen, als seien sie besiegt.
Gepriesen sei deshalb die Standarte des allerheiligsten Kreuzes des Herrn, der allgegenwärtigen Hilfe aller Rechtgläubigen, unter deren Schutz und Trost die Gläubigen gestärkt werden. Sie ermöglichte es unseren Christen, ohne irgendeinen Schaden in ihre Häuser zurückzukehren. Die Zahl der Feinde wurde in Wahrheit auf zehntausend Bewaffnete geschätzt, die der Unseren auf zwölfhundert, die Masse des Fußvolks nicht eingerechnet.
Und als der König, das Kreuz des Herrn bei sich, nach Tripolis zurückgekehrt war, trat ein Ereignis ein, das ihn dazu veranlaßte, mit einigen nach Antiochien zurückzukehren. Das Kreuz des Herrn wurde unter großer Freude nach Jerusalem getragen und mit großer Verehrung am zwölften Tag vor den Kalenden des Oktober an seinen Platz zurückgestellt.
Dies war die Zeit, zu der die Waage gleiche Stunden wägt,
Gleich an Zahl wie auch gleich an Länge.
XII. Die Gefangennahme des Grafen von Edessa (4 €)
XIII. Der Friede zwischen dem Papst und dem Kaiser (2 €)
XIV. Die Vorkehrungen der Venezianer für ihren Ansturm auf Jerusalem (6 €)
XV. Die Zeit ihres Aufbruchs (6 €)
XVI. Balduin wird gefangengenommen und ein gewisser Eustach gegen ihn ausgetauscht (6 €)
XVII. Das Volk von Joppe wird erneut von den Babyloniern belagert und schwer geplagt (10 €)
XVIII. Die Schlacht mit den Türken und der mit Hilfe des heiligen Kreuzes herbeigeführte Sieg der Christen
Als daher die Unseren von Leuten, die Gerüchte verbreiten, erfuhren, daß Gefahr im Verzug sei, sammelten sie sich von allen Seiten her vor einer bestimmten Burg, die die Bewohner der Umgegend Kakun nennen, zu einem Heer. Sie kamen aus der Gegend um Tiberias, aus Akkon, Cäsarea und Jerusalem. Nachdem das Kreuz des Herrn an diesen Versammlungsplatz gebracht worden war, eilten die Unseren kampfbereit dem Feind entgegen, in die Nähe der Stadt Ramla, welches gleich neben Diospolis liegt.
Doch wir, die wir in Jerusalem blieben, Lateiner, Griechen und Syrer ebenso, waren unaufhörlich am Beten für unsere Brüder, die der Drangsal so ausgesetzt waren, am Almosengeben an die Bedürftigen und gleichzeitig in barfüßiger Prozession auf gottesfürchtigen Besuchen sämtlicher Kirchen in der Heiligen Stadt.
Unterdessen befahlen unsere Anführer den Unsern, nach dem Aufstehen bei Tagesanbruch, ordentlich in Kohorten gestaffelt von Ramla aus vorzurücken. Nach Erteilung des Segens und der Absolution durch den Patriarchen wurde in der Nähe von Azotus die Schlacht eröffnet. Dieses war einst eine der fünf Philisterstädte, heißt heute jedoch Ibenium und ist zu einem kleinen Flecken zusammengeschrumpft.
Die Schlacht dauerte aber nicht lange, denn als unsere Feinde unsere Bewaffneten in ausgezeichneter Formation gegen sich vorrücken sahen, ergriffen ihre Reiter sofort die Flucht, als seien sie völlig behext, und gerieten in Panik, anstatt ihren gesunden Menschenverstand zu gebrauchen. Ihr Fußvolk wurde niedergemetzelt.
Ihre ganzen Zelte mit Habe verschiedenster Art blieben auf dem Feld. Drei äußerst kostbare Banner, die wir Standarten nennen, wurden ihnen entrissen. Die Unseren brachten viele verschiedene Sachen nach Hause, Matratzen, Kissen, viele Gepäckwagen mit insgesamt vierhundert Kamelen und fünfhundert Eseln.
Von den sechzehntausend in die Schlacht gezogenen Feinden wurden sechstausend getötet, von den Unseren jedoch wurden nur wenige erschlagen. Die Unseren wurden auf achttausend geschätzt, doch waren sie tapfer, äußerst gewandt und dadurch, daß sie auf Gottes Liebe bauten, von innigem Kampfeseifer beseelt und waren durch das in Ihn gesetzte Vertrauen vollendet gerüstet.
Zwölfmal war Phoebus im Zeichen der Zwillinge aufgestiegen,
Als diese grausamen Menschen durch die Macht Gottes zugrunde gingen.
Ihre Leiber, die auf den Ebenen der Philister ruhen,
Wurden zum Fraß von Wölfen und Hyänen.
XIX. Der dem heiligen Kreuz bereitete Empfang durch die Jerusalemer Bürger (2 €)
XX. Die Ankunft der Venezianer und ihre Seeschlacht gegen die Sarazenen (16 €)
XXI. Die Menschen Jerusalems wurden nicht aufgegeben, obwohl ihr König gefangen war (10 €)
XXII. Eustachs Tod und Wilhelms Nachfolge (2 €)
XXIII. Wie König Balduin aus dem Gefängnis entkam (14 €)
XXIV. Wie der Graf von Edessa aus dem Gefängnis entkam (34 €)
XXV. Der Feldzug derer von Jerusalem und die zweite Gefangennahme König Balduins (8 €)
XXVI. Wie Balak den König belagerte und ihn erneut gefangensetzte (12 €)
XXVII. Die Vorbereitungen zur Belagerung von Tyrus (6 €)
XXVIII. Wie Tyrus durch den Patriarchen und die Venezianer belagert wurde (8 €)
XXIX. Tyrus und seine Berühmtheit (14 €)
XXX. Die frühere Knechtschaft von Tyrus und von wem es in alten Zeiten belagert wurde (26 €)
XXXI. Der Sieg derer von Antiochien über die Türken und der Tod Balaks (20 €)
XXXII. Was während der Belagerung von Tyrus geschah (10 €)
XXXIII. Die traurige Invasion derer von Askolon (6 €)
XXXIV. Die Übergabe der Stadt Tyrus (34 €)
XXXV. Der besondere Vorzug von Papst Paschalis (10 €)
XXXVI. Die Verteilung der Ländereien um Tyrus herum (4 €)
XXXVII. Das Zeichen, welches sich zu jener Zeit zeigte
Zu jener Zeit zeigte sich uns die Sonne nahezu eine Stunde lang in einer verblüffenden Farbe. Sie verwandelte sich in eine nie dagewesene und hyanzinthene Schönheit und nahm die Gestalt des Mondes an wie bei einer sichelförmigen Finsternis. Dies ereignete sich am dritten Tag vor den Iden des August, als die neunte Stunde des Tages sich zu Ende neigte.
Wundert euch also nicht, wenn ihr Zeichen am Firmament seht, denn Gott wirkt dort Wunder wie auf Erden. Denn wie im Himmel, so auch auf Erden wandelt und ordnet Er alles, wie Er es will. Wenn aber das, was Er schuf, wunderbar ist, um wieviel wunderbarer ist der, der es schuf. Überlegt euch bitte und denkt darüber nach, wie Gott zu unserer Zeit den Okzident in den Orient verwandelt hat.
Denn wir, die wir Abendländer waren, sind nun Orientalen geworden. Einer, der Römer oder ein Franke war, wurde in diesem Land zu einem Galiläer oder Palästinenser. Einer, der aus Reims oder Chartres stammte, ist nun ein Bürger von Tyrus oder Antiochien geworden. Wir haben unseren Geburtsort bereits vergessen; schon kennen ihn viele von uns nicht mehr oder er wird nicht mehr erwähnt.
Einige besitzen bereits ein Heim oder einen Hausstand aufgrund einer Erbschaft. Einige haben Frauen nicht nur aus ihrem eigenen Volk genommen, sondern Syrerinnen oder Armenierinnen oder gar Sarazeninnen, welche das Sakrament der Taufe empfangen haben. Bei dem einen lebt nicht nur sein Schwiegervater, sondern auch die Schwiegertochter oder sein eigen Fleisch und Blut, wenn nicht gar sein Stiefsohn oder Stiefvater. Hieraus leiten sich Enkel und Urenkel ab. Die einen kultivieren Weinberge, andere bestellen Felder.
Die Leute gebrauchen die Wortwahl und Ausdrucksweise verschiedener Sprachen, wenn sie sich über dies und jenes unterhalten. Worte unterschiedlicher Sprachen sind Gemeingut geworden, das jeder Volkszugehörigkeit geläufig ist, und gegenseitiges Vertrauen vereint jene, denen ihre Herkunft nicht bekannt ist. Es steht in der Tat geschrieben: "Der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind" (Jes 65,25). Wer als ein Fremder geboren wurde, gleicht nun einem hier Geborenen; wer als Ausländer auf die Welt kam, ist zu einem Einheimischen geworden.
Unsere Verwandten und Eltern opfern gemeinsam mit uns von Zeit zu Zeit, wenn auch zögernd, alles auf, was sie einst besaßen. Jene, die im Abendland arm waren, macht Gott in diesem Lande reich. Jene, die dort wenig Geld hatten, nennen hier unzählige Bézants ihr eigen, und jene, die kein stattliches Eigenheim hatten, besitzen hier durch das Geschenk Gottes eine ganze Stadt.
Warum also sollte einer ins Abendland zurückkehren, der einen Orient wie diesen vorgefunden hat? Gott will jene, die sich aufopferten, Ihm mit ihrem Kreuz zu folgen, nicht Mangel leiden lassen, selbst am bitteren Ende nicht.
Ihr seht also, daß dies ein großes Wunderwerk ist, und zwar eines, welches die ganze Welt verehren sollte. Wer hat je ähnliches vernommen? Gott will, daß wir alle reich werden und uns zu Ihm als Seine teuersten Freunde hingezogen fühlen. Und weil Er es will, erstreben auch wir es aus freien Stücken; und was Ihn erfreut, tun wir liebenden und ergebenen Herzens, damit wir mit Ihm bis in alle Ewigkeit regieren dürfen.
XXXVIII. Des Königs Befreiung aus der Gefangenschaft sowie die Belagerung der Stadt Aleppo (8 €)
XXXIX. Das türkische Heeresaufgebot zum Zwecke der Durchbrechung der Belagerung
Im Jahr 1125 des Erlösers der Welt, in der dritten Indiktion, belagerten der Jerusalemer König und die Seinigen die Stadt Aleppo fünf Monate lang und bewerkstelligten nichts. Die Türken, wie immer auf der Hut, überquerten den großen Paradiesfluß, den Euphrat (Gen 2,8.10.14), und eilten in einem Gewaltmarsch zu der vorgenannten Stadt, um den Belagerungsring zu sprengen. Sie fürchteten, daß Aleppo, wenn sie es nicht schnellstens entsetzten, bald eingenommen sein würde. Unsere Leute hatten es bereits seit längerer Zeit belagert.
Es waren ihrer siebentausend feindliche Reiter und fast viertausend Kamele mit Getreide und anderen Vorräten beladen. Doch weil die Unseren nicht in der Lage waren, über den Feind die Oberhand zu gewinnen, mußten sie die Belagerung aufgeben. Am nächsten Tag zogen sie sich zu der ihnen nächstgelegenen Höhenburg Cereph zurück, denn diese gehörte uns.
Nachdem uns der eine Teil der Türken eine Zeitlang verfolgte, verlor dieser zwei seiner tapfersten Männer, die aus dem Sattel gehoben und getötet wurden. Wir verloren einen aus unserem Troß und sechs Zelte.
Der feindliche Angriff fand am vierten Tag vor den Kalenden des Februar statt. Weil die Türken überraschenderweise nachts kamen, fanden sie uns völlig unvorbereitet und stürzten uns in ein Durcheinander.
So etwas ist wirklich im höchsten Grade schändlich sich einzugestehen, überaus schimpflich davon zu wissen, öde zu erzählen und beschämend sich anhören zu müssen! Doch ich, der ich es berichte, weiche nicht ab von der Wahrheit. Was weiter? Kann sich jemand Gottes Vorsehung widersetzen? Vielmehr stimmt doch das Sprichwort, welches ein gewisser weiser Mann sprach: "Ereignisse, die noch in der Zukunft liegen, schließen nichts aus noch lassen sie sich ausschließen." In Wahrheit mußte dieser feindliche Angriff geschehen, doch wußte es niemand im voraus. Wenn er vorhergesehen worden wäre, hätte er nie stattfinden können, weil eine geistige Absicht zunichte gemacht wird, wenn es eine Willensfreiheit gibt. Denn sähe einer den Angriff voraus, würde er ihn zunichte gemacht haben, und was unwirksam gemacht worden wäre, wäre nicht passiert.
Schließlich zog sich König Balduin nach Antiochien zurück, und Joscelin ging mit ihm. Die Geiseln, die der König gestellt hatte, als er aus der Gefangenschaft befreit wurde, wurden weder zurückgegeben noch losgekauft. Und somit kehrten sowohl die Leute aus Jerusalem wie jene von Tripolis sämtlich in ihre Heimat zurück.
Göttliche Fügung jedoch prüft den, den irdisches Glück wohlhabend macht, damit er nicht aufgeblasen wird. Sie bedrückt verdientermaßen die Schlechten ebenso, so daß sie von den Annehmlichkeiten überschwenglichen Glücks nichts genießen.
Denn wer gibt alles Gute und wehrt alles Böse ab außer Gott dem Lenker und Tröster des Geistes, der von Seiner höchsten Warte im Himmel aus alles sieht und versteht? Vor geraumer Zeit gab Er uns Christen in Seiner Freigebigkeit die mächtige und ruhmreiche Stadt Tyrus und nahm sie ihren Besitzern weg. Nun gefällt es Ihm, Seine Hand zurückzuziehen.
Vielleicht hat Er Seinen Weinberg den ehrlicheren Bauern zur Kultivierung vorbehalten, die aus ihm reiche Ernte zur rechten Jahreszeit zurückgeben möchten und dazu in der Lage wären. Es ist so, daß gewisse Leute weniger tun, wenn sie mehr haben. Sie erstatten den Dank nicht, den sie dem Geber alles Guten schulden. Ferner machen sie sich auf betrügerische Weise schuldig, dadurch daß sie Gott wiederholt darüber belügen, was sie im Gebet versprochen haben, und im Betrügen betrügen sie sich selbst.
XL. Der König wird in Jerusalem mit großer Freude empfangen (2 €)
XLI. Die Venezianer verwüsteten auf ihrer Heimkehr die Inseln des Kaisers (12 €)
XLII. Das von Bursequin verübte Böse und der gegen ihn geführte Kampf (22 €)
XLIII. Die Zahl der in dieser Schlacht Getöteten (8 €)
XLIV. Der Loskauf der Königstochter (8 €)
XLV. Die vom König erbaute Burg
In diesem Jahr baute der König im Monat Oktober in den Bergen um Beirut in einer äußerst fruchtbaren Region eine Burg. Nach "digladio" wird sie Mons Glavianus genannt, weil die in Beirut zum Tode Verurteilten hier enthauptet werden. Sie liegt sechs Meilen von der Stadt entfernt. Davor hatten die sarazenischen Bauern keine Grundsteuern bezahlen wollen, danach jedoch wurden sie gezwungen, sie zu entrichten.
XLVI. Der Feldzug des Königs und die Schlacht mit den Askaloniten
Gleich danach schickte sich der König zu einem Feldzug gegen Damaskus nach Syrien an, weil der Frieden zwischen ihm und Doldequin gebrochen worden war. Er eroberte drei der reichsten Dorfschaften, beutete sie aus und zerstörte sie und kehrte mit soviel Beute, wie er forttragen konnte, in sein Gebiet zurück.
Nachdem er die Beutestücke nach gerechten und überkommenen Regeln unter die Ritter und andere Teilnehmer verteilt hatte, richtete er seinen Feldzug am nächsten Tag gegen das Land der Philister.
Zu jener Zeit hatten sich vor Askalon kürzlich von Babylon aus nach dort entsandte frische Kräfte eingefunden. Unser Ritterheer, welches sich im eigenen Land tapfer erweisen wollte, vermeinte nun siegreich zu sein. Als sie die Unseren mit erhobenen Bannern herankommen sahen, rückten die Bürger der obenerwähnten Stadt Askalon mutig und lautem Geschrei gegen sie aus.
Der König war jedoch noch nicht in die vorderste Reihe der Seinen vorgedrungen, da er sich klugerweise in der hinteren zu lange aufhielt, damit er dort, falls nötig, von Nutzen sein könnte, wenn einige der Seinigen heimlich zu fliehen versuchen sollten. Unsere Reiter vorne, die es nicht an Mut fehlen ließen, griffen den Feind unter Rufen "Gott steh' uns bei!" mit unglaublicher Grimmigkeit an. Sie trampelten den Gegner nieder und setzten ihm mit solcher Schlagkraft und solchem Kampfgeist zu, daß sie in die Stadttore hineindrängten, wo sie den Feind stellten, niederstreckten und töteten. Soweit man sagen kann, hätten sie, wenn wir einige Männer mehr an diesem Ort zur Verfügung gehabt hätten, ohne Zweifel zusammen mit denen, in deren Verfolgung sie verstrickt waren, in Askalon eindringen können.
Die Askaloniten, die überlebten, beklagten und bejammerten den Tod von mehr als vierzig ihrer Besten und zeigten sich über dieses unerwartete Unglück fürchterlich überrascht.
Nach dem Ausklingen der Trompeten ließ der König seine Männern für diese Nacht in ihren Zelten außerhalb und in der Nähe der Stadt ruhen. Während sie durch Gottes Gnade Ruhe fanden, verbrachte der Feind die Nacht schlaflos und in Trauer. Denn wie Josephus sagt: "Der, der zuviel Vertrauen besitzt, wird nachlässig, doch Angst lehrt Vorsicht."
Es sollte festgehalten werden, daß unsere Reiter, die in der Vorhut waren, an jenem Tage um die Stadt herum keinen Raub fanden. Von der Ankunft des Königs gewarnt, hatten die von Askalon ihre Schafe wohlweislich versteckt.
XLVII. Die Sarazenen verschicken Briefe mittels Tauben
Es ist bei den in Palästina lebenden Sarazenen Sitte, Tauben von einer Stadt in die andere zu tragen, die darauf abgerichtet sind, Briefe in die Stadt zurückzubringen, in der sie noch vor kurzem beheimatet waren. Diese auf an den Krallen der Tauben befestigtes Papier geschriebenen Briefe unterrichten den Empfänger bzw. Leser darüber, was anschließend gemacht werden soll. Es ist ganz offenkundig, daß genau das hier der Fall war.XLVIII. Die Unterschiede in den Sitten
Manieren wie auch Sitten und Gebräuche unterscheiden sich allenthalben nach Landesgrenzen. Frankreich hat spezielle Sitten und Gebräuche; England, Ägypten und Indien haben wieder andere.
Länder unterscheiden sich nach Vögeln, Fischen und Bäumen. In Palästina habe ich weder einen Wal noch ein Neunauge gesehen noch unter den Vögeln eine Elster oder einen Singvogel. Es besitzt Wildesel, Stachelschweine, die Hyänen, die die Gräber der Toten ausschaufeln, gar nicht erwähnt. Unter den Bäumen konnte ich weder die Pappel, die Haselnuß, den Holunder, den Besenginster noch irgendeinen Ahorn finden.
XLIX. Die verschiedenen Wildtierarten und Schlangen im Land der Sarazenen
Unlängst haben wir alle im Gebiet von Nablus ein
bestimmtes Tier gesehen, von dem noch nie jemand gehört hat, wie es heißt. Es
sieht aus wie ein Ziegenbock, hat einen haarigen Nacken wie ein kleiner Esel,
ist Paarhufer, hat einen Schwanz wie ein Kalb, und es ist größer als ein Widder.
In Babylonien gibt es ein anderes Tier, welches man
Chimära nennt, das anders als hinten vorne höher ist. An Festtagen stülpen sie
ihm zusammen mit anderen Zierstücken den prächtigsten Mantel über, wenn sie
ihrem Fürsten huldigen wollen.
Dann wäre da noch das Krokodil, ein böser
Vierfüßer, welcher sowohl auf dem Land als auch im Wasser zu Hause ist. Es hat
keine Zunge, bewegt nur seinen Oberkiefer, und seine Bisse klammern sich mit
einer schrecklichen Hartnäckigkeit fest. Es wächst auf über zwanzig Ellen Länge
heran. Wie die Gänse legt es Eier, hätschelt die Jungen aber nur so lange, wie
der Nil bei Hochwasser sie nicht erreichen kann. Es ist mit Krallen von immenser
Größe ausgestattet, lebt im Wasser bei Nacht und liegt tagsüber am Boden herum.
Es ist mit einer äußerst widerstandsfähigen Haut versehen.
In einem Fluß bei Caesarea in Palästina gibt es
ebenfalls Vierfüßer dieser Art. Es heißt, sie seien in heimtückischer Absicht
direkt aus dem Nil dorthin gebracht worden. Daher reißen sie heute andere Tiere
und richten in diesem Gebiet auch sonst großen Schaden an.
Das Nilpferd lebt nur im Nil und darüber hinaus
noch in Indien. Es ähnelt einem Pferd an Rücken und Mähne, in seinem Wiehern,
seiner aufwärts gebogenen Nase, den paarigen Hufen, enganliegenden Zähnen und
dem gekrümmten Schweif. Während der Nacht erntet es die Kornfelder ab. Daher
nähert es sich ihnen mit abgewandtem Blick in schlauer List, so daß es keiner
aufgrund verräterischer Spuren bei seiner Rückkehr in einen Hinterhalt locken
kann. Der Körper dieses Tiers ist
größer als der eines Elefanten. In Anbetracht dieser und anderer Tiere, großer
wie kleiner - Gott erschafft sie alle, und was zu erschaffen ihm gefällt, sollte
auch uns gefallen -, sollten wir ihn dafür lobpreisen.
Die Mäuler richtiger Echsen sind klein und werden
nicht zum Beißen verwendet. Sie sind eine Art Durchlaß, über den diese Tiere
atmen und ihre Zunge herausstrecken. Daher haben sie das Gift nicht in ihren
Zähnen, sondern in den Schwänzen. Sie fügen nicht durch Beißen Verletzungen zu,
sondern durch Herumschlagen. Diese Schwänze sind wie aus Stein, eine
Verlängerung ihrer Wirbelsäule. Der Drache ist die größte aller Schlangen, wenn
nicht gar alles Lebendigen auf Erden. Er wird oft aus seiner Höhle ins Freie
gelockt, und dann liegt eine gewaltige Aufregung in der Luft. Ferner ist dieses
Tier mit einem Kamm versehen. Was immer es fängt, stirbt; und wahrlich, nicht
einmal der Elefant ist trotz seiner beachtlichen Größe vor ihm sicher.
Er stammt aus Indien bzw. Äthiopien, aus der Hitze
ewigen Sommers. Dort treibt er sich auf Pfaden herum, die gewöhnlich die
Elefanten benutzen; dabei verknotet er die Beine seiner Opfer und tötet sie
durch Ersticken. Er hat keine Füße.
Im Skythenlande Asiens gibt es Greife, extrem
grausame Vögel, die sich wie die Irren gebärden. Dann sind da noch die
Hyrkanier, wilde Waldmenschen, in deren Land es vor riesigen Tieren wimmelt,
darunter der Tiger. Dieses Tier ist aufgrund seiner gelben Zeichnungen
bemerkenswert. Ich weiß nicht, was mehr zu seiner Schnelligkeit beiträgt, seine
natürliche Lauffähigkeit oder seine Zielstrebigkeit. Nichts kann soweit weg
sein, daß er es nicht schnell erreichen könnte, nichts soweit voraus, daß er es
nicht sofort einholen würde.
In Hyrkanien gibt es Panther, die mit kleinen
Flecken übersät sind. Man sagt, daß andere Tierherden sich ungewöhnlich
verhalten, wenn sie ihre Witterung aufnehmen oder sie zu sehen bekommen. Wenn
diese Tiere eines Panthers gewahr werden, gehen sie in Herden und zeigen keine
Angst, außer wenn sie die fürchterlichen Klauen des Panthers sehen. Panther
werden wegen ihres robusten zähen Lebens viel öfter durch Gift zur Strecke
gebracht als durch Waffen.
Der Elch kann insofern mit Maultieren verglichen
werden, als er eine überhängende Oberlippe hat. Aus diesem Grunde kann er nicht
grasen, wenn er dabei nicht rückwärtsgeht.
Das Chamäleon mit seinen vier Füßen kommt am
häufigsten in Indien vor. Es sieht aus wie eine Eidechse, außer daß seine Beine
gerade und länger und mit dem Bauch verbunden sind. Es hat einen langen
gewundenen Schwanz, fein gekrümmte Krallen, einen schwerfälligen Gang, einen
derben Körper und eine Haut, wie wir sie vom Krokodil kennen. Sein Maul steht
ständig offen und erfüllt sonst keinen Zweck.
Es wird sogar vom Raben verabscheut. Ganz gleich,
welches der Rabe von ihnen tötet, es bringt seinen Mörder um. Denn wenn der Rabe
auch nur einen kleinen Bissen vom Chamäleon verschlingt, stirbt dieser Vogel auf
der Stelle. Jedoch verfügt der Rabe über ein Heilmittel, denn sobald er
Lorbeerblätter frißt, wird er wieder gesund. Der Körper des Chamäleons besteht
nicht aus Fleisch, die Milz gehört nicht zu seinen lebenswichtigen Organen, und
es nimmt die Farbe dessen an, was sich ihm am meisten nähert.
Es heißt auf griechisch Salamander, Stellio auf Latein.
Der flammende Stellio, der Salamander, das rauhe Chamäleon
Hat insgesamt drei Namen, aber körperlich bedeuten sie ein und dasselbe.
Es gibt außerdem einen Vogel namens Pegasus, der
außer seinen Ohren nicht die geringste Qualität eines Pferdes besitzt.
Bekanntlich gibt es Leute, die so groß sind, daß sie einen Elefanten so leicht
wie ein Pferd besteigen können. Sie gehören einer Rasse an, die in ihrer Jugend
bleich ist, im Alter jedoch immer dunkler wird.
Der Leucocrotta ist ein Tier, welches alle anderen
wildlebenden an Schnelligkeit übertrifft. Es ist von der Größe eines Wildesels,
mit dem Hinterteil eines Hirschen, der Brust und den Beinen eines Löwen und dem
Kopf eines Dachses. Es besitzt Hufe, hat ein Maul, das sich von einem Ohr zum
anderen erstreckt, und anstatt Zähnen hat es einen durchgehenden Knochen. Derart
ist also seine Gestalt; andererseits mimt es in seinen Lauten einen Menschen.
Unter diesen taucht auch ein Tier namens Mantichora
auf. Es hat drei Zahnreihen, die gemeinsam beißen und abwechselnd benutzt
werden, ein Antlitz wie ein Mensch, funkelnde Augen, eine blutrote Färbung, den
Körper eines Löwen, einen mit Nägeln versehenen Schwanz mit einem Stachel wie
bei einem Skorpion und einen so zischenden Laut, daß er wie auf der Flöte
geblasen klingt. Es sucht unersättlich nach Menschenfleisch. Es ist zu Fuß so
behend und kann so weit hochspringen, daß es weder der weiteste Abstand noch das
größte Hindernis aufhalten kann.
Aber wer kennt oder erforscht schon die vielen und
gewaltigen Werke Gottes in den unermeßlichen Weiten dieses Meeres an Leben, in
dem so viele Tiere und Reptilien leben, deren Vielfalt unzählig ist? Das wenige
dessen, was ich berichtet habe, habe ich, soweit es ging, dem im höchsten Grade
scharfsinnigen und redegewandten
Forscher und Schriftsteller Solinus entnommen. Was Alexander der Große in
ähnlicher Weise in Indien entdeckte und sah, davon will ich später berichten;
wenn auch nicht vollständig, so doch in Auszügen.
Nunmehr zieht dieses Jahr seinen Schlußstrich; möge Gott
Gemäß dem Wesen der Zeit weiterregieren, gerade jetzt,
Wo das Jahr ins nächste übergeht.
L. Der Feldzug des Königs des Jerusalemer Volks gegen den König von Damaskus (30 €)
LI. Die Belagerung der Stadt Raphania und der Fluß Sabbaticus (10 €)
LII. Über einen anderen Fluß (6 €)
LIII. Die Einnahme der Stadt Raphania (2 €)
LIV. Der Tod des römischen Kaisers (2 €)
LV. Der Aufbruch des Königs gegen die Babylonier (10 €)
LVI. Die babylonische Flotte (10 €)
LVII. Die Reise Bohemunds des Jüngeren (8 €)
LVIII. Auf See begegneten Gefahren (6 €)
LIX. Das Große Meer (14 €)
LX. Schlangenarten
Der Basilisk ist einen halben Fuß lang, weiß wie eine Bischofsmütze und
trägt ein Stirnband. Er wurde nicht nur zur Vernichtung von Mensch und Tier
erschaffen, sondern der Erde überhaupt, die er vergiftet und versengt. Wo
immer er auch gewesen ist, verläßt er einen toten Schlupfwinkel, denn im
Minimum sterben Gräser und Bäume. Er vergiftet die ganze Atmosphäre, so daß ein
Vogel nicht mehr gefahrlos durch die Luft fliegen kann, die durch seinen
verpesteten Atem verseucht ist.
Wenn sich der Basilisk bewegt, krault eine Hälfte des Körpers, und die
andere Hälfte ist hoch aufgerichtet. Sogar die Schlangen erzittern bei seinem
Zischen. Wenn sie die Flucht ergreifen, rauschen sie davon, wohin sie sich
irgendwie retten können. Was immer der Basilisk durch seinen Biß tötet, frißt
kein anderes Tier mehr und rührt auch kein Vogel mehr an. Dennoch werden die
Wiesel seiner Herr, welche von Menschen abgerichtet zu den Gruben gebracht
werden, wo er sich verbirgt.
Und in der Tat besorgten sich die Pergamener zum Preis einer ganzen Sesterze
die sterblichen Überreste eines Basilisken für einen Tempel, der ein berühmtes
Werk des Apelles war, damit die Spinnen ihn weder mit ihren Netzen überziehen
noch die Vögel in ihn hineinfliegen konnten.
Die Amphisbaena hat zwei Köpfe, wobei sich der zweite an Stelle des
Schwanzes befindet. Cerastes haben vier kleine Hörner. Sie bedecken ihren Körper
sorgfältig mit Sand und lassen dann die Hörner hervorschauen, was für Vögel wie
gefundenes Fressen aussieht, um sie damit anzulocken und zu töten.
Die Haemorrhois entzieht dem Körper Blut durch ihren Biß. Indem sie die
Venen durchtrennt, saugt sie über den Blutstrom das Leben aus allem, egal was es
ist. Der Schlag der Prester bewirkt, was immer von ihr getroffen wird, daß es zu
enormer Größe anschwillt und stirbt. Der Schwellung folgt oftmals eine
Verwesung.
Es gibt auch noch die Ammodytae, die Cenchris, Elephantiae, Chersydri und
Chamaedracontes. Am Schluß läuft es immer auf eine besondere Todesart hinaus,
die für jede dieser Schlangen charakteristisch ist.
Skorpione, Glattechsen und Lacertae sind als Würmer klassifiziert, und nicht
als Schlangen. Diese schmutzigen Kreaturen sind weniger gefährlich, auch wenn
sie noch so sehr zischen. Sie tun kaum etwas, es sei denn, daß es sie zu ihrem
Weibchen zieht. Dann gibt es da noch die Iaculi, die alles angreifen, was ihnen
der Zufall über den Weg laufen läßt.
Die Scytale glänzt auf ihrem Rücken in einer solchen Farbenpracht, daß
bereits ihre Schönheit jedermanns Aufmerksamkeit auf sich lenkt, der sie zu
Gesicht bekommt. Die Dipsas verursacht durch ihren Biß tödlichen Durst. Die
Hypnale, die durch Einschläfern tötet, wird zu Hilfe genommen, wenn der Tod
künstlich herbeigeführt werden soll, wie die Erfahrung Kleopatras zeigt. Das
Gift anderer Schlangen verdient weniger Beachtung, da aus ihm Arzneien
hergestellt werden.
Diese Wunder sind nicht weniger erstaunlich als jene, die Alexander der
Große in Indien erlebt hat. Er vertraute auf seinen Lehrmeister Aristoteles und
seine Mutter Olympias: „Ich hätte nicht geglaubt, daß es dort so viele Wunder
gibt, wenn ich sie nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.“ Und wahrlich, dieser
König war in jeder Hinsicht ein herrlicher Mensch, scharfsinnig und umsichtig in
seinen Handlungen, kraftvoll im Wirken und gewaltig an Macht, und nicht etwa nur
eine in der Luft herumwirbelnde Feder oder im Wasser treibende Spreu.
LXI. Die Ankunft Bohemunds des Jüngeren, des Sohnes Herzog Bohemunds, und sein Empfang in Antiochien (10 €)
LXII. Die Rattenplage
Im Jahr 1127 der Geburt unseres Herrn, in der fünften Indiktion, tauchten eine
Unmenge Ratten im Gebiet von Palästina auf, und zwar so viele, daß sie
zahlreich, wie sie waren, das Hinterteil eines Ochsen befallen konnten, ihn erstickten und
zusammen mit sieben Hammeln auffraßen. Schließlich, nachdem sie das Land der
Bewohner von Akkon verwüstet hatten, erklommen sie auf der Suche nach Wasser
einen Berg bei Tyrus. Von dort wurden sie zu Abertausenden durch einen
ungestümen Wind und heftige, alles verpestende Regengüsse an den Rand der Täler
zurückgetrieben. Jenes Gebiet wurde aufgrund ihrer verwesenden toten Körper
verseucht in einem elenden Zustand hinterlassen.
HIER ENDET DIE HISTORIA HIEROSOLYMITANA VON MEISTER FULCHER VON CHARTRES
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