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Dreizehntes Buch  

Beschreibung von Tyrus. (Kap. 1-6) Anfang der Belagerung. (Kap. 6) Mutiger Widerstand der Damaszener in der Stadt. (Kap. 7) Die Askaloniten rücken vor Jerusalem, ohne viel auszurichten. (Kap. 8) Der König von Damaskus sucht die Stadt von der Belagerung zu befreien, steht aber wieder von seinem Vorhaben ab. (Kap. 9) Die Belagerung wird fortgesetzt. (Kap. 10) Durch die Nachricht von Balaks Tod wird das christliche Heer sehr beunruhigt. (Kap. 11) Die Askaloniten verheeren aufs neue das Gebiet von Jerusalem. (Kap. 12) Übergabe der Stadt Tyrus. (Kap. 13) Die Bürger betrachten das Lager. Besitznahme und Verteilung der Stadt. (Kap. 14) Der König wird wieder frei. Seine vergebliche Belagerung von Haleb. Er kehrt nach Jerusalem zurück. Tod des Papsts Kalixtus. Sein Nachfolger wird Honorius. (Kap. 15) Bursequin verheert das Antiochenische, wird aber vom König geschlagen. (Kap. 16) Der König schlägt die Askaloniten samt den Ägyptern, die ihnen beistanden. (Kap. 17) Der König rückt in das Damaszenische und kehrt siegreich zurück. (Kap. 18) Der Graf von Tripolis gewinnt Raphania. Tod des römischen Kaisers Heinrich. Sein Nachfolger wird Lothar. (Kap. 19) Neuer Einfall Bursequins in Antiochien. Sein Tod. Eine ägyptische Flotte kommt nach Syrien, kehrt aber unverrichteterdinge wieder zurück. (Kap. 20) Bohemund der Jüngere kommt nach Antiochien. Der König stellt ihm sein Land zurück und gibt ihm seine Tochter zur Frau. (Kap. 21) Feindseligkeiten zwischen Bohemund und Joscelin. Der König kommt eiligst, um sie beizulegen. Die Afrikaner erobern Syrakus. (Kap. 22) Zu Tyrus wird der erste lateinische Erzbischof eingesetzt. (Kap. 23) Ankunft des Grafen Fulko von Anjou. Er heiratet eine Tochter des Königs. (Kap. 24) Tod des Patriarchen Gormund von Jerusalem. Sein Nachfolger Stephan. Streitigkeiten zwischen dem König und dem Patriarchen. (Kap. 25) Unglücklicher Zug des Königs, des Fürsten von Antiochien und der Grafen von Tripolis und Edessa in das damaszenische Gebiet. Tod des Patriarchen Stephan. Sein Nachfolger wird Wilhelm. (Kap. 26) Fürst Bohemund von Antiochien fällt in Kilikien. Der König eilt nach Antiochien. Die Fürstin sucht ihm vergeblich den Eintritt zu verweigern. (Kap. 27) Rückkehr des Königs nach Jerusalem. Seine Krankheit, Tod und Begräbnis. (Kap. 28)

    I. Tyrus ist eine sehr alte Stadt, wie Ulpian, der große Rechtsgelehrte, der aus dieser Stadt abstammte, in seinen Digesten versichert, wo er unter dem Abschnitt de censibus folgendes sagt: "Es ist zu wissen, daß es einige Kolonien gibt, welche das italische Recht haben. Dahin gehört die herrliche Kolonie der Tyrer im phönizischen Syrien, aus der ich abstamme, eine Stadt von mächtigem Gebiet, eine Reihe von Jahrhunderten alt, waffenmächtig und stets dem mit den Römern geschlossenen Bündnis für treu befunden. Dieser ausgezeichneten Anhänglichkeit an den römischen Staat wegen hat ihr der göttliche Kaiser Severus das italische Recht geschenkt." Aus dieser Stadt waren, wann immer wir auf die alten Geschichten zurückgehen wollen, der König Agenor und seine Kinder, Europa, Kadmus und Phönir. Von dem einen hat das ganze Land den Namen Phönizien erhalten. Der andere aber ist der Gründer der Stadt Theben geworden und hat sich als Erfinder der griechischen Buchstaben für alle Zeit berühmt gemacht. Die Tochter hat dem dritten Erdteil den Namen Europa gegeben. Die Bürger dieser Stadt, die sich durch ihren Scharfsinn und die Lebendigkeit ihres Geistes auszeichneten, waren die ersten, die versuchten, die einzelnen Laute mit passenden Buchstaben zu bezeichnen, und die Sprache, diese Dolmetscherin des Geistes, durch bestimmte Charaktere festzuhalten, und überlieferten den Nachkommen als erste die Kunst zu schreiben, womit sie dem Gedächtnis ein Schatzhaus errichteten. Dies ist auch in den alten Geschichten zu lesen, und auch Lukan, der treffliche Dichter des Bürgerkriegs, bezeugt dies, wenn er sagt:

"Die Phönizier waren's zuerst, so meldet die Sage,
Mit noch rohen Zeichen dem Worte Dauer zu geben."

Hier wurde auch das erste Mal aus Conchylien die kostbare Purpurfarbe gewonnen, weswegen der Purpur auch heute noch nach dieser Stadt die tyrische Farbe heißt. Auch Sychäus und seine Gemahlin Elisa Dido, welche in Afrika jene bewundernswürdige Nebenbuhlerin des Römischen Reiches, die Stadt Karthago, gründeten, sollen aus Tyrus gewesen sein, wie sie denn auch ihr Königreich nach dem Land, von welchem sie ausgegangen waren, das punische, was soviel ist als das phönizische, nannten, und die Karthaginenser wolllten sich fortwährend, dieses Ursprungs eingedenk, Tyrier genannt wissen. Daher nennt Maro im Anfang seines Gedichtes Karthago

"Eine alte Stadt, erbaut von tyrischen Pflanzern"

und daher heißt es auch bei ihm:

"Tyrier und Trojaner, sie gelten gleich mir die beiden."

Die Stadt war anfangs doppelnamig, auf hebräisch hieß sie nämlich Sor, was der gebräuchlichere Name war, und auch Tyrus. Dieser letztere Name scheint zwar auf einen griechischen Ursprung hinzuweisen, denn in griechischer Sprache heißt dieses Wort "Engpaß"; es ist aber dennoch gewiß, daß sie diesen Namen von ihrem Gründer erhielt. Man weiß nämlich aus den Überlieferungen der Alten mit Sicherheit, daß Tyras, der siebte der Söhne von Noahs Sohn Japhet, diese Stadt gegründet und nach sich benannt hat. Wie groß der Ruhm dieser Stadt in alten Zeiten gewesen ist, ist deutlich aus den Worten des Propheten Ezechiel zu ersehen, zu dem der Herr wie folgt spricht: "Du Menschenkind, stimm ein Klagelied an über Tyrus und sprich zu Tyrus: Die du wohnst am Zugang zum Meer und für die Völker mit vielen Inseln Handel treibst! So spricht Gott der Herr: O Tyrus, du sprichst, ich bin die Allerschönste! Dein Gebiet liegt mitten im Meer, und deine Bauleute haben dich aufs allerschönste erbaut. Sie haben all dein Plankenwerk aus Zypressenholz vom Senir gemacht und die Zedern vom Libanon geholt, um deine Mastbäume daraus zu machen; deine Ruder haben sie aus Eichen vom Baschan gemacht und deine Wände mit Elfenbein getäfelt, gefaßt in Buchsbaumholz von den Gestaden der Kittäer. Dein Segel war beste bunte Leinwand aus Ägypten als dein Kennzeichen, und deine Decken waren blauer und roter Purpur von den Gestaden Elischas." Und bei Jesaja heißt es: "Fahrt hin nach Tarsis, heult, ihr Bewohner der Küste! Ist das eure fröhliche Stadt, die sich ihres Alters rühmte? Ihre Füße führten sie weit weg, in der Ferne zu weilen. Wer hat solches beschlossen, daß es Tyrus, der Krone, so gehen sollte, wo doch ihre Kaufleute Fürsten waren und ihre Händler die Herrlichsten auf Erden." Aus dieser Stadt waren auch der König Hiram, der Salomo zum Bau des Tempels des Herrn behilflich war, und Apollonius, dessen Geschichte weit und breit bekannt ist. Ferner war auch aus dieser Stadt der junge Abdimus, der Sohn Abdämons, der alle die künstlichen Reden und Rätsel, welche Salomo dem König Hiram von Tyrus aufgab, mit merkwürdigem Scharfsinn auflösen konnte. Bei Josephus im achten Buch seiner Altertümer liest man hierüber folgendes: "Dieser zwei Könige hat Menander, der die tyrischen Altertümer aus dem Phönizischen ins Griechische übersetzte, gedacht, wenn er sagt: Nach dem Tode Abibals folgte ihm sein Sohn Hiram in der Regierung nach, der dreiundfünfzig Jahre alt wurde und vierunddreißig Jahre regierte. Zu dieser Zeit war Abdimus, der Sohn Abdämons, der die Rätsel, welche der König von Jerusalem aufgab, stets zu lösen wußte, gefangen." Und weiter unten: "Er fügt noch hinzu, der König Salomo von Jerusalem habe dem König Hiram von Tyrus Rätsel zugeschickt, unter der Bedingung, ihm, wenn er sie nicht aufzulösen wisse, Geld zu zahlen, und da nun Hiram bekannte, daß er sie nicht zu lösen wisse und den Verlust einer großen Geldsumme erleiden sollte, löste ein gewisser Tyrer Abdimus das Aufgegebene und setzte dem König Salomo andere Rätsel vor, für die er, wenn er sie nicht lösen könnte, dem König Hiram viel Geld zahlen sollte. Dieser Abdimus ist vielleicht jener Markolf in den Fabeln des Volks, von dem gesagt wird, daß er Salomos Rätsel zu lösen und ihm zu antworten wie auch gegen die seinigen neue Rätsel aufzugeben gewußt habe. Tyrus bewahrt auch den Körper des Origenes, wovon man sich heute noch durch den Augenschein überzeugen kann, und Hieronymus bezeugt es ausführlich in dem Brief an Pammachius und Occearanus, der so anfängt: "Scedulae quas misistis." Er sagt dort: "Heute sind es ungefähr hundertfünfzig Jahre, daß Origenes zu Tyrus gestorben ist." Um nun auch auf die Geschichte der Evangelien zurückzugehen, so ist Tyrus auch die Heimat jenes kananäischen Weibes, deren Tochter übel vom bösen Geist geplagt wurde und die der Herr wegen ihres großen Glaubens, mit dem sie ihn um Hilfe bat, mit den Worten rühmte: "Weib, dein Glaube ist groß." Diese war die erste, welche den Töchtern ihrer Mitbürger ein Beispiel bewundernswürdigen Glaubens und löblicher Geduld gab, und sie lehrte mit den Gaben des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, sich dem Erlöser Christus zu nahen, nach dem Wort des Propheten "Die Tochter Tyrus kommt mit Geschenken." Tyrus ist aber auch die Hauptstadt von ganz Phönizien, das unter allen syrischen Provinzen der Einwohnerzahl und seinem Reichtum nach stets den ersten Platz einnahm.

    II. Es ist hier sofort zu bemerken, daß der Name Syrien bald im weiteren Sinn genommen wird, wo er das Ganze, bald im engeren, wo er bloß einen Teil des Landes bezeichnet. Hie und da setzt man dem Namen Syrien auch eine nähere Bezeichnung bei, um die einzelnen Teile kenntlich zu machen, wie dies sogleich weiter auseinandergesetzt werden soll. Das größere Syrien also enthält viele Provinzen und reicht vom Tigris bis nach Ägypten und von Kilikien bis ans Rote Meer. Vom unteren Teil dieses Landes, das zwischen dem Tigris und dem Euphrat liegt, heißt die erste Provinz Mesopotamien, nach den zwei Flüssen, zwischen denen es liegt, so benannt, denn auf griechisch heißt Fluß Potamos, und weil es ein Teil von Syrien ist, so führt es in den Büchern oft den Namen "das syrische Mesopotamien." Nach diesem kommt das Land Cölesyrien, eine der größten Provinzen dieses größeren Syriens. Hier liegt die edle Stadt Antiochien mit ihren untergebenen Städten. An dieses grenzen in mitternächtlicher Richtung die beiden Kilikien, ebenfalls Teile desselben Syriens, gegen Mittag aber schließt sich Phönizien an, die vorzüglichste der syrischen Provinzen, die in alten Zeiten lange ungeteilt war, jetzt aber in zwei Teile geteilt ist. Der erste Teil heißt Phönizien "am Meer" und hat zur Hauptstadt Tyrus, von dem jetzt die Rede ist. Dieses hat vierzehn Städte, die unter der Gerichtsbarkeit von Tyrus stehen, und reicht vom Bach Valenia, der unter dem festen Platz Margat fließt, bis zu dem Ort, der "am durchbrochenen Felsen" und heutzutage "der Engpaß" heißt, in der Nähe der Stadt, die den Namen Alt-Tyrus führt. Die Städte, die zu dieser Provinz gehören, sind folgende: Die erste gegen Mittag ist Porphyria, die auch den Namen Heffa führt, gewöhnlich aber Kaiphas genannt wird, die zweite Ptolemais, die auch Akkon heißt, die dritte gegen Morgen Paneas oder Cäsarea Philippi, die vierte gegen Mitternacht Sarepta, die fünfte Sidon, die sechste Berythus, die siebte Biblius, die achte Botrium, die neunte Tripolis, die zehnte Artasia, die elfte Archis, die zwölfte Arados, die dreizehnte Antarados, die vierzehnte Maraklea. Der andere Teil von Phönizien aber heißt "der am Libanon" und hat zur Hauptstadt Damaskus. Auch dieser Teil wird hie und da Syrien genannt, wie, wo er heißt: "Damaskus das Haupt von Aram." Dieser zweite Teil von Phönizien ist später wieder in zwei Teile getrennt worden, von denen der eine das Damaszenische, der andere das Emesenische heißt. Auch die beiden Arabien sind Teile von Syrien: das erste, das Bostrum, und das zweite, das Petra in der Wüste zur Hauptstadt hat. Ferner ist auch Syrien-Sobal, dessen Hauptstadt Sobal ist, ein Teil dieses größeren Syriens; ebenso die drei Palästina, das erste, das eigentliche Judäa, welches Jerusalem, das zweite, welches Cäsarea am Meer, das dritte, welches Skythopolis, das auch den Namen Bethsan führt und an dessen Stelle heutzutage Nazareth gekommen ist, zur Hauptstadt hat. Der äußerste Teil dieses größeren Syriens ist Idumäa, das nach Ägypten hinsieht.

    III. Die genannte Stadt ist aber nicht nur sehr befestigt, wie wir schon gesagt haben, sondern auch durch die Fruchtbarkeit ihres Bodens und die Anmut ihrer Lage ausgezeichnet. Obgleich sie nämlich im Meer liegt und inselartig rings von der Flut umgeben ist, so hat sie doch vor den Toren draußen ein durchaus treffliches Gebiet und eine ununterbrochene Ebene, die den Bürgern durch ihre Fruchtbarkeit viele Vorteile darbietet. Wenn diese Ebene auch im Vergleich mit anderen Gebieten etwas klein erscheinen mag, so wird doch dieser geringe Umfang durch die große Fruchtbarkeit wieder aufgewogen, und der vielfache Reichtum dieses Bodens ersetzt ein weniger beschränktes Gebiet. Übrigens ist sie denn doch nicht so sehr eng, denn sie erstreckt sich gegen Mittag, Ptolemais zu, bis an den Ort, den man heutzutage gewöhnlich den Engpaß Skandarions heißt, in einer Strecke von vier oder fünf Meilen, gegen Mitternacht, Sarepta und Sidon zu, ebenso viele Meilen, der Breite nach aber, wo sie am schmälsten ist, zwei, und wo sie den weitesten Umfang hat, drei Meilen lang. Auch sind hier viele Quellen, welche klares und gesundes Wasser ausströmen und in der unmäßigen Hitze anmutige Erfrischung gewähren. Unter diesen ist die vorzüglichste und berühmteste die, auf welche die Worte im Hohen Lied Salomons gehen sollen: "Ein Gartenbrunnen bist du, ein Born lebendigen Wassers, das vom Libanon fließt." Obgleich diese Quelle im tiefsten Teil der ganzen Gegend ihren Ursprung nimmt, und nicht wie die meisten anderen Quellen aus den Bergen, sondern aus der Tiefe herauf zu quellen scheint, so ist sie dennoch durch Kunst in die Höhe hinauf geleitet worden und bewässert das ganze Gebiet reichlich und macht es zu mannigfachem Gebrauch fruchtbar. Sie ist also durch ein merkwürdiges steinernes Werk, das an Härte dem Eisen gleichkommt, bis zu einer Höhe von zehn Ellen hinaufgetrieben, und während sie in ihrer tiefen natürlichen Lage wenig Nutzen bringen konnte, so kommt sie durch ihre Hinaufleitung, in der die Kunst die Natur besiegt hat, der ganzen Gegend zugute und spendet reichliche Wasser für das Wachstum der Früchte. Wenn man herzutritt, um dieses Wunderwerk anzusehen, so erblickt man von außen zuerst nur einen hohen Turm und nicht das Geringste von einer Quelle. Wenn man aber auf der Höhe von diesem angekommen ist, so sieht man einen Sammelplatz von Wassern, welche von da durch Wasserleitungen von derselben Höhe und auch von merkwürdiger Festigkeit nach der umliegenden Gegend versendet werden. Es sind auch für die, welche die Höhe ersteigen wollen, starke steinerne Stufen angebracht, auf denen man sogar ohne Schwierigkeit hinaufreiten kann. Die umliegende Gegend hat aber von dieser Quelle merkwürdigen Vorteil, so daß nicht nur Gärten und die anmutigsten und fruchtbarsten Obstpflanzungen gedeihen, sondern hier wächst auch das Rohr, aus welchem der Zucker bereitet wird, der den Menschen zu ihrer Gesundheit und zu verschiedenem Gebrauch von so großem Wert ist und von hier aus durch die Kaufleute nach den äußersten Teilen der Welt gebracht wird. Aber auch die feinste Art von Glas, das unter den notwendigen Gegenständen vielleicht den ersten Rang einnimmt, wird hier auf bewunderswürdige Art aus dem Sand, den man in dieser Ebene sammelt, verfertigt und von hier in entfernte Gegenden versandt, um zu bewundernswürdigen Gefäßen, die sich durch ihre Durchsichtigkeit und Klarheit auszeichnen, verarbeitet zu werden, wodurch der Name der Stadt weithin bei den auswärtigen Völkern berühmt geworden ist; und den Kaufleuten erwächst aus diesem Handel vielfacher Gewinn. Aber nicht nur durch diese natürlichen Vorteile, sondern auch durch eine unvergleichliche Festigkeit war die Stadt ausgezeichnet, wovon im folgenden gesprochen werden wird. Wegen dieser ihrer Festigkeit und ihrer trefflichen Lage war sie dem Fürsten von Ägypten, der, beinahe der mächtigste unter allen, über alles Land von Laodikäa in Syrien bis nach dem brennenden Libyen frei gebieten konnte, wert und teuer, und er sah sie gleichsam als die Burg seiner Reiche und als seinen Wohnsitz an, weswegen er sie auch mit Lebensmitteln, Waffen und tüchtiger Mannschaft sorgfältig versehen hatte, denn er hielt dafür, solange man das Haupt unverletzt erhalten könne, seien auch die übrigen Teile des Körpers gesichert.

    IV. Am fünfzehnten Februar also rückte, wie wir schon gesagt haben, unser Heer, das zu Land und das zur See, vor die genannte Stadt und belagerte sie, so fest es konnte. Die Stadt liegt aber, wie der Prophet sagt, "im Herzen des Meeres", so daß sie bis auf einen kleinen Raum von etwa Bogenschußweite rings vom Meer umgeben ist. Nach der Versicherung der Alten war sie einst eine völlige Insel und ganz vom Festland getrennt. Der mächtige assyrische Fürst Nebukadnezar aber suchte sie bei seiner Belagerung mit dem Festland zu verbinden, ohne jedoch das Werk zu Ende zu führen. Dieser Belagerung gedenkt der Prophet Ezechiel, wenn er sagt: "Siehe, ich will über Tyrus kommen lassen Nebukadnezar, den König von Babel, von Mitternacht her, den König der Könige, mit Rossen, Wagen, Reitern und einem großen Heer. Der soll deine Tochterstädte auf dem Festland mit dem Schwert schlagen; aber gegen dich wird er Bollwerke errichten und einen Wall gegen dich aufschütten und ein Schilddach gegen dich erstellen" usw. Auch Josephus gedenkt im zehnten Buch seiner Altertümer dieser Belagerung, wenn er sagt: "Auch Diokles erwähnt im zweiten Buche seiner Kolonien diesen König, und Philostratus sagt in seinen indischen und phönizischen Geschichten, daß dieser König Tyrus zur Zeit, wo Joatabal dort regierte, drei Jahre und zehn Monate belagert habe." Später aber verband sie Alexander von Makedonien mit dem Festland und eroberte sie sodann. Auch dieser Belagerung gedenkt Josephus im elften Buch seiner Altertümer. Er sagt: "Alexander aber kam nach Syrien, eroberte Damaskus und belagerte Tyrus, nachdem er Sidon unterjocht hatte." Und unten: "Deswegen setzte er die Belagerung eifrigst fort und eroberte die Stadt, und nachdem er sie genommen hatte, kam er nach der Stadt Gaza." Und weiter unten: "Nachdem er sieben Monate lang Tyrus und zwei Monate lang Gaza belagert hatte, starb er zu Sanabal." Früher war die Stadt auch von Salmanassar, der ganz Phönizien überfallen hatte, belagert worden. Davon spricht Josephus im neunten Buch seiner Altertümer. Es heißt hier: "Er kämpfte nämlich wider Tyrus, solange hier Helisäus regierte, wie dies Menander bezeugt, der die Begebenheiten seiner Zeit beschrieben und die alte Geschichte der Tyrer in griechischer Sprache wiedergegeben hat. Dieser sagt nämlich: Helisäus regierte sechsunddreißig Jahre. Er war es, der nach dem Abzug der Skythen die Einwohner wieder zu Schiff nach Tyrus zurückbrachte, später aber erhob sich der König Salmanassar von Assyrien aufs neue wider sie und bekriegte ganz Phönizien. In der Folge aber schloß er Frieden mit allen und kehrte wieder zurück. Die Städte Sidon, Archis, Alt-Tyrus und viele andere waren aber von Tyrus abgefallen und hatten sich selbst dem assyrischen König überliefert, und darum, weil die Tyrer sich noch nicht unterworfen hatten, rüstete sich der König, von den Phöniziern mit sechzig Schiffen und achtzig Ruderknechten unterstützt, aufs neue wider sie. Die Tyrer aber steuerten ihnen mit zwölf Schiffen entgegen, zerstreuten die feindliche Flotte und nahmen fünfhundert Mann gefangen, wodurch ihr Ruhm einen großen Zuwachs erhielt. Der assyrische König kam jedoch aufs neue zurück und besetzte den Fluß und die Wasserleitungen der Bürger, daß diese kein Wasser schöpfen konnten. Dies dauerte fünf Jahre lang, und die Tyrer tranken unterdessen Wasser aus gegrabenen Brunnen. In den tyrischen Archiven steht dieses von Salmanasser, dem König der Assyrer, geschrieben."

    V. So ist also, wie wir gesagt haben, die genannte Stadt gleichsam eine Insel und liegt in einem Meer, das sehr stürmisch ist und durch verborgene Klippen und Untiefen den Fremden, die, des Orts unkundig, gegen die Stadt heranfahren, mit vielen Gefahren bedroht, und zwar daß wer ohne einen Führer, der das Meer genau kennt, sich nähern will notwendig Schiffbruch erleiden muß. Die Stadt war aber nach der Meeresseite rings mit einer doppelten Mauer umschlossen, die in gleichen Zwischenräumen Türme von verhältnismäßiger Höhe hatte. Auf der Morgenseite aber, wo man zu Land an die Stadt kommt, ist eine dreifache Mauer, die mit sehr dicken und ganz nahe beieinanderstehenden Türmen von bemerkenswerter Höhe versehen ist. Überdies ist auf dieser Seite auch ein breiter Graben, vermittelst dessen die Bürger das Meer leicht von beiden Seiten hereinleiten konnten. Auf der Mitternachtsseite ist der innere Hafen der Stadt, der sich zwischen zwei Türmen öffnet und innerhalb der Mauern befindlich ist. Außerhalb dieser gewährt die Insel in dem Arm zwischen ihr und dem festen Land, der nur dem einzigen Nordwind ausgesetzt ist, Schutz gegen die Fluten und den größten Andrang des brandenden Meeres. Hier also legte sich die Flotte ruhig vor Anker, das Heer besetzte die Obstpflanzungen in der Nähe der Stadt, und das Lager wurde ringsherum aufgeschlagen, so daß die Bürger weder aus- noch eingehen konnten und hinter ihre Mauern zurückgedrängt waren. Die genannte Stadt hatte nämlich zwei Herren. Der ägyptische Kalif hatte als der erste Herr zwei Teile davon, den dritten hatte er dem König von Damaskus zugestanden, damit er von diesem, der der Stadt näher war, nichts zu fürchten hätte. Es waren aber hier sehr edle und reiche Bürger, die ununterbrochen auf der See mit fast allen Provinzen, die an das Mittelländische Meer grenzen, Handel trieben und auf diese Art die Stadt mit fremden Waren und vielfachen Reichtümern anfüllten. Überdies waren wegen ihrer festen Lage viele angesehene und wohlhabende Bürger aus Cäsarea, Ptolemais, Sidon, Biblius, Tripolis und anderen Seestädten, welche bereits in die Gewalt der Unseren gekommen waren, hierher geflüchtet und hatten sich hier viele Häuser erworben, denn sie hielten es für unmöglich, daß eine Stadt von solcher Festigkeit auf irgendeine Art in die Gewalt der Unseren kommen könnte. Die Burg der Stadt schien nämlich von unvergleichlicher Stärke und im ganzen Land einzig zu sein, wie sie es auch heute noch ist.

    VI. Nachdem man nun das Gepäck in Ordnung gebracht und sich etwas eingerichtet hatte, zog man alle Schiffe bis auf eine Galeere, die für unvorhergesehene Zwischenfälle immer in Bereitschaft war, beim Hafen ins Trockene, und dann führte man einen tiefen Graben vom oberen Teil des Meeres bis zum unteren, so daß das ganze Heer davon umschlossen war. Hierauf holte man aus den Schiffen die nötigen Materialien, deren die Venezianer eine große Menge mitgebracht hatten, rief die Handwerksleute herbei und errichtete Maschinen verschiedener Art. Der Patriarch, der in Gemeinschaft mit den Fürsten des Reichs die Stelle des Königs vertrat, ließ die Zimmerleute und Bauverständigen kommen und aus dem Material, das herbeigeschafft worden war, ein Kastell erbauen, das so hoch sein sollte, daß man von demselben aus mit denen auf den Türmen handgemein werden und die ganze Stadt übersehen könnte. Auch ließ er Wurfmaschinen verfertigen, um mit großen Steinmassen die Mauern und Türme erschüttern und den Bürgern Schrecken einjagen zu können. Auch der Doge mit den Seinigen errichtete, um nicht hinter dem Heer des Königs zurückzubleiben, Maschinen derselben Art und stellte sie an passenden Orten auf. Sie betrieben also das begonnene Werk mit allem Eifer und erkalteten bei ihrem Unternehmen nicht im geringsten, vielmehr bedrängten sie die Bürger immer hitziger und beunruhigten die Stadt ununterbrochen von ihren Maschinen aus. Auch ließen sie mit immerwährenden Bestürmungen und Angriffen den Belagerten keine Ruhe. Ebenso wandten die Bürger, auf ihren Schutz bedacht, alles auf, die Unseren abzuwehren und ihnen Schaden beizubringen. Sie stellten also andere Maschinen den unsrigen entgegen und schleuderten daraus so ungeheure Steine, daß unsere Maschinen dieser Gewalt jeden Augenblick wichen, und die Furcht vor diesen Würfen gab ihnen den Platz um die Kastelle herum so zu eigen, daß niemand der Unseren hier zu weilen wagte, und daß sogar die, denen das Los die Beschützung der Kastelle übergeben hatte, nur im eiligsten Lauf herbeizukommen wagten und nur mit größter Gefahr in denselben sich aufhalten konnten. Die aber, die auf den hohen Türmen standen, schossen mit Bogen und Armbrust auf die, welche von den Kastellen und an den Maschinen gegen sie kämpften, eine solche Menge von Pfeilen und Wurfspießen und schleuderten so heftig Steine gegen sie, daß diese kaum eine Hand auszustrecken wagten. Aber auch die Unseren, die in den Kastellen waren, gaben sattsam Schuß um Schuß zurück und machten, Gewalt mit Gewalt zurücktreibend, denen in den Türmen und auf den Mauern so gewaltig zu tun, daß diese das Gewicht des Kampfes nicht zu tragen vermochten und mehrmals des Tages abgelöst werden mußten. Die in den Maschinen aber schleuderten, angeleitet von denen unter ihnen, welche mehr Erfahrung darin hatten, ungeheure Steine mit solcher Kraftanstrengung, daß, wenn diese auf die Türme und Mauern trafen, alles erbebte und beinahe zerstört wurde. Und von den zerstoßenen Steinen und dem zerriebenen Mörtel erhoben sich solche Staubwolken, daß die auf den Mauern und Türmen die Unseren davor nicht mehr sehen konnten. Wenn aber einmal die Steine an den Türmen und Mauern vorbei in die Stadt fielen, so zerschlugen sie mit ihrer Wucht die größten Gebäude samt ihren Bewohnern in kleine Stücke. Indessen trafen die Fußgänger und Reiter, welche auf dem freien Feld lagen, beinahe jeden Tag in mutigem und männlichem Kampf mit denen zusammen, welche aus der Stadt zu streiten herauskamen. Meistens wurden die drinnen von den Unseren herausgefordert, hie und da aber machten die Bürger auch aus freien Stücken einen Ausfall auf die Belagerer.

    VII. Wie sich also die Unseren auf diese Art unter wechselndem Kriegsglück jeden Tag mit den Feinden versuchten, bald von den Maschinen herab, bald in der Nähe des Tors, wo sich beide Teile abwechselnd mit großem Ungestüm herausforderten, erschien auf den Ruf der Fürsten des Königreichs der Graf von Tripolis mit einem stattlichen Gefolge, und durch seine Ankunft schien sich die Kraft und Kühnheit der Unseren verdoppelt zu haben, während umgekehrt die Feinde die Furcht anwandelte, nicht mehr länger Widerstand leisten zu können. Es befanden sich aber von den Damaszenern siebenhundert Reiter in der Stadt, welche durch ihr Beispiel den edlen Bürgern, die verweichlicht und nur wenig im Kriegswesen bewandert waren, Mut und Widerstand einflößten und für sich selbst aufs rüstigste das Ihrige zur Verteidigung beitrugen. Als sie sahen, wie die Kräfte der Unseren von Tag zu Tag wachsen und ihre Unternehmungen immer glücklicher vonstatten gehen, die Hilfsquellen der Bürger aber sich allmählich erschöpfen und ihre Kräfte täglich geringer werden, wurden jetzt jedoch auch diese lauer und fingen an, die Last, die sie nicht zu tragen vermochten, weislich von sich abzulehnen, und zwar so, daß sie den Bürgern weder zur Übergabe rieten noch aber auch sie aufforderten, fest auf ihre Kraft zu vertrauen. Nun hatte die Stadt wie noch heute bloß einen Eingang und ein einziges Tor, denn sie ist, wie wir oben gesagt haben, fast eine völlige Insel und rings von den Fluten umgeben, einen engen Paß, der zum Tor führt und wo mit verschiedenem Erfolg, wie es bei solchen Geschäften zu gehen pflegt, ununterbrochen zu Fuß und zu Pferd gestritten wurde, ausgenommen.

    VIII. Während dies bei Tyrus vorfiel, benützten die von Askalon die Gelegenheit, daß das Königreich von Bewaffneten entblößt und die ganze Kraft des Landes bei der Belagerung von Tyrus in Anspruch genommen war, und eilten mit allem ihrem Kriegsvolk über die in der Mitte gelegene Ebene schleunigst nach den Bergen, auf welchen Jerusalem liegt, denn sie glaubten, die genannte beglückte Stadt leer zu finden und einige sich unvorsichtig herauswagende Einwohner als Gefangene fortschleppen zu können. Sie kamen also ganz unversehens heran und töteten einige Bürger, die sorglos auf den Äckern und in den Weinbergen waren, ungefähr acht. Die Bürger aber griffen, so klein ihre Zahl war, durch ihren Glauben und den gerechten Eifer für ihr Vaterland, ihre Weiber und Kinder ermutigt, zu den Waffen, zogen aus der Stadt und einmütig dem Feind entgegen. Nachdem sie nun drei Stunden lang einander angesehen hatten, indem es die Unseren, weil sie nur Fußvolk hatten, nicht wagten, sie anzugreifen, schickten sich die von Askalon, da sie sahen, daß sie hier nicht ohne Gefahr länger verweilen können, und daß es nicht geraten sei, mit einem hartnäckigen und zum mutigsten Widerstand gerüsteten Volk in der Nähe seiner Stadt ein Treffen zu wagen, eiligst zur Rückkehr an. Die Unseren aber verfolgten sie mit Vorsicht ein kleines Stück Wegs, nahmen ihnen siebzehn Pferde und vier Kriegsleute weg und töteten zweiundvierzig von ihnen. Nachdem sie dies mit Glück ausgeführt hatten, kehrten sie ganz unverletzt nach Hause zurück.

    IX. Unterdessen stellten sich die Tyrer, erschöpft durch die vielen Nachtwachen, die immerwährenden Gefechte und die ununterbrochene Anstrengung, immer seltener zum Kampfe ein und verrichteten ihre Dienstpflichten immer nachlässiger. Sie wunderten sich über die Maßen, daß eine Stadt, die beinahe Tag für Tag vom Lande und von der See her von den Völkern besucht worden und gewöhnt gewesen war, auf doppeltem Wege mit allen Bedürfnissen überhäuft zu werden, jetzt so in die Enge gebracht sei, daß Einheimische und Auswärtige nicht mehr aus- und eingehen können, Mangel am Nötigsten eintrete und beinahe alle Lebensmittel aufgezehrt seien. Sie beraten sich nun und schreiben dann Briefe an den Kalifen von Ägypten und den König von Damaskus, in denen sie diese aufs dringendste ersuchen, ihnen schleunigst zu Hilfe zu kommen, da es mit ihren Angelegenheiten schon ganz verzweifelt stehe. Sie schildern darin den Ungestüm der Feinde, denen jeden Tag Kraft und Mut wachse, die Ohnmacht der Ihrigen, den Mangel an Lebensmitteln, den unerträglichen Zustand der Belagerung. Auf dieses beleben sie sich wieder zu einiger Hoffnung und fordern sich, in Erwartung des Beistandes der genannten Fürsten, wie sonst zum Widerstand auf. Und obgleich mehrere von ihnen, tödlich verwundet, nicht selbst kämpfen können, so ermahnen sie doch die anderen mit den Worten, die ihnen zu Gebote stehen, zum Widerstand. Unterdessen kam die Nachricht, daß der König Toghtekin von Damaskus, auf die Gesandtschaft und die Briefe der Belagerten hin, mit einer unermeßlichen Schar von Türken und mit einer äußerst zahlreichen Reiterei das Gebiet von Damaskus überschritten und sich im Gebiet von Tyrus, den Fluß entlang, gelagert hatte. Dieser Fluß war aber von der Stadt Tyrus kaum vier Meilen entfernt. Man sagte auch, eine ägyptische Flotte, größer und besser mit Bewaffneten versehen als gewöhnlich, solle mit Hilfstruppen und Lebensmitteln innerhalb drei Tagen den Bürgern zu Hilfe kommen. Ebenso versicherte man, der König von Damaskus erwarte noch weitere Mannschaften und verzögere klugerweise den Übergang über den Fluß und das Zusammentreffen mit den Unsern bis zur Ankunft der Flotte, damit diese, während er mit den Unseren kämpfe, frei und ohne Schwierigkeit sich der Stadt nähern könne. Nachdem sich nun die Unseren hierüber beraten und alles wohl erwogen hatten, hielten sie es für das Beste, das ganze Heer in drei Teile zu trennen, so daß alle Reiter und um Sold dienenden Fußknechte mit dem Grafen von Tripolis und Wilhelm von Buris, dem Konstabler und Verwalter des Königreichs, aus dem Lager ziehen und wenn es nötig sei mit dem Damaszener zusammentreffen und unter Gottes Beistand kämpfen sollten; der Doge und die Seinigen sollten die Galeeren besteigen, der feindlichen Flotte entgegensteuern und als tüchtige Helden männlich fechtend das Kriegsglück mit ihr versuchen; die Bürger aber, die aus allen Städten des Königreichs zu der Belagerung gekommen waren, wurden dazu bestimmt, zugleich mit einem bedeutenden Teil der Venezianer die Maschinen und Kastelle zu bewachen und so zu bewirken, daß die Kämpfer nicht aus den Kastellen vertrieben werden, die Maschinen nicht aufhören, gewaltig zu arbeiten und der Kampf vor den Toren durch nichts gestört werde. Dieser Plan fand allgemeinen Beifall und wurde auch sogleich ins Werk gesetzt. Der Graf von Tripolis und der Konstabler des Königreichs zogen also mit der ganzen Ritterschaft dem Feind entgegen, und sie waren bereits an die zwei Meilen vorgeschritten, als noch kein Feind zum Vorschein zu kommen wagte. Jedoch war es gewiß, daß Toghtekin den genannten Fluß entlang sein Lager geschlagen und anfänglich im Sinne gehabt hatte, ihn zu überschreiten. Als er aber aus dem Bericht von einigen erfuhr, wie klug die Unsrigen ihren Plan angelegt hätten, hielt er es für gefährlich, sich mit so klugen und tapferen Leuten in einen vermessenen Kampf zu wagen, ließ durch Trompeten die Seinigen zusammenrufen und befahl den Rückzug. Der Doge aber rüstete seine Flotte und kam mit derselben bis nach Alexandria hinab, ein Ort, der von der genannten Stadt ungefähr sechs Meilen entfernt ist und in der Sprache des Volks Skandarium genannt wird. Als sie jedoch erfuhren, daß der König von Damaskus wieder heimgekehrt sei und von der erwarteten Flotte nichts sichtbar wurde, brachten sie ihre Galeeren wieder ans Ufer und begaben sich alle ins Lager, wo sie den Bürgern mit großer Heftigkeit zusetzten.

    X. Es geschah dann eines Tages, daß einige junge Männer aus der Stadt, um ihren Mitbürgern nützlich zu werden und sich einen ewigen Ruhm bei der Nachwelt zu verdienen, sich miteinander dazu verbündeten, heimlich in unser Lager zu gehen und unsere Maschinen und Kastelle zu verbrennen. Sie setzten diesen Vorsatz auch ins Werk, kamen heimlich aus der Stadt heraus und steckten eine unserer nützlichsten Maschinen in Brand. Wie dies die Unseren sehen, eilen sie zu den Waffen und schaffen eine Menge Wassers herbei, um dem Feuer Widerstand zu leisten. Hier nun geschah etwas, das der Aufzeichnung und Bewunderung wert ist. Ein junger Mann von ausgezeichneter Bravheit und bewundernswürdigem Mut stellte sich, als er die Maschine in Brand sah, kühnen Mutes auf dieselbe hinauf und goß das Wasser, das man ihm hinaufreichte, auf sie hinab. Als die auf den Türmen dies sahen, richteten alle Bogen und Armbrust auf den einen, aber obgleich sie um die Wette nach ihm schossen und er wie eine Zielscheibe für die Pfeile dastand, so war doch all ihr Bemühen vergeblich, denn diesen ganzen Tag empfand er nicht die geringste Verletzung an seinem Leib. Die aber, die das Feuer eingelegt hatten, erlagen alle, vor den Augen der Ihrigen, dem Racheschwert der Unseren. Sofort als die Unseren sahen, mit welcher Sicherheit eine Maschine in der Stadt Steine von bedeutender Größe nach unseren Kastellen schleudert, so daß beide bedeutend beschädigt wurden, und daß niemand im Lager es recht verstehe, die Maschinen zu richten und Steine zu schleudern, beriefen sie einen aus Antiochien namens Havedik, einen Armenier von Herkunft, der hierin äußerst geschickt sein sollte. Sie erhielten ihn sogleich, und seine Kunst im Richten der Maschinen und im Schleudern daraus war so groß, daß er im Augenblick ohne Schwierigkeit alles zermalmte, was man ihm als Ziel bezeichnete. Nachdem er beim Heer angekommen war, wies man ihm aus öffentlichen Mitteln einen ehrenhaften Sold an, mit dem er auf seine Weise recht stattlich leben konnte, und er betrieb nun das Geschäft, zu dem er berufen worden war, mit solcher Sorgfalt und entwickelte eine solche Kunst dabei, daß es war, als ob der Kampf gegen die Bürger nicht sowohl fortgesetzt als neu begonnen wurde, und daß ihre Bedrängnis sich durch seine Ankunft verdoppelte.

    XI. Als dies vor Tyrus vorfiel, belagerte der mächtige türkische Satrap Balak, dessen Gefangener der König war, die Stadt Hierapolis. Während er nun bei dieser Belagerung verharrte, berief er trüglicherweise den Herrn dieser Stadt mit Friedensworten zu sich, und wie dieser ohne Arg, allzu leichtgläubig, im Vertrauen auf seine Worte sich sogleich vor ihn stellte, ließ ihn Balak augenblicklich enthaupten. Als Joscelin der Ältere, der Graf von Edessa, davon hörte, daß Balak eine ihm benachbarte Stadt belagere, fürchtete er, er möchte, wenn der frühere Herr ausgetrieben sei, an dem neuen einen härteren Gegner bekommen, rief aus Antiochien und aus seinem eigenen Land ein großes Heer zusammen und eilte ihm entgegen. Sobald er das feindliche Heer getroffen hatte, stellte er seine Scharen in Schlachtordnung, überfiel es plötzlich und schlug es in die Flucht. Der Zufall wollte es auch, daß er ihm selbst begegnete, wo er ihn dann, doch ohne zu wissen, daß dieser der Fürst des Heeres sei, mit dem Schwert durchbohrte, zu Boden stürzte und ihm das Haupt abhieb. Hier hatte nun Balak die offenkundige Deutung seines Traumgesichts, denn von dem, der einem das Haupt abschneidet und damit dem Sehen und Leben ein Ende macht, kann man mit Wahrheit sagen, er habe diesem die Augen ausgerissen. Und sogleich sandte er, ein äußerst umsichtiger Mann, der er war, dem nichts zur vollen Erfahrung fehlte, das Haupt dieses Fürsten unserem Heer zu, um die Unseren durch die Nachricht von seinem Siegesglück zu erheitern, und befahl dem jungen Mann, dem er diese Botschaft übertrug, seinen Weg über Antiochien zu nehmen, um weder die einen noch die andern in Unkenntnis darüber zu lassen. Durch die Ankunft dieses Jünglings wurden aller Herzen gelabt und zur höchsten Freudigkeit erhoben. Der Graf Pontius von Tripolis aber, der bei dieser Unternehmung dem Patriarchen und den übrigen Fürsten immer wie einer der Ihrigen mit den Seinen gehorsam seine Dienste erwies und sich demütig den öffentlichen Geschäften unterzog, erhob den Jüngling, dem Grafen, der ihn gesandt hatte, und der Würde solcher Botschaft zu Ehren, in den Ritterstand, indem er ihm die Ritterwaffen übergab. Als die Unseren, die bei der Unternehmung waren, von diesen Dingen hörten, begannen sie mit zum Himmel erhobenen Händen den Herrn, "der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern", zu loben, zu preisen und zu rühmen. Und unser Heer wurde durch diese Nachricht von einem solchen Eifer entzündet, daß es mit erneuten Kräften und mit erfrischtem Mut noch hitziger als bis jetzt das begonnene Werk fortsetzte und den Belagerten durch häufige Gefechte alle Ruhe verweigerte. Bei den Bürgern aber, die jetzt, da all ihre Lebensmittel aufgezehrt waren, die schlimmste Hungersnot litten und alle Hoffnung auf Beistand aufgeben mußten, trat allmählich Erschlaffung ein. Es ereignete sich dann einmal, daß einige Jünglinge aus der Stadt, die geschickte Schwimmer waren, aus dem inneren Hafen nach dem äußeren auf die Galeere, von der wir oben sagten, daß sie immer auf dem Meer in Bereitschaft gelegen sei, zuschwammen, die Taue, wodurch sie festgehalten war, entzweischnitten und dann an einem Seil, das sie zu diesem Zweck mitgebracht hatten und das sie stark an ihr befestigten, mit sich nach der Stadt zurückzuziehen begannen. Als die, welche in den Kastellen auf der Warte standen, dies sahen, erhoben sie ein Geschrei. Durch dieses aufgeschreckt, eilten die Unseren ans Ufer, aber ehe sie sich noch hatten beraten können, was hier zu tun sei, hatten die genannten Jünglinge die Galeere bereits in die Stadt gezogen. Es waren fünf Mann auf derselben, deren Schutz sie übergeben war. Einer von diesen wurde getötet, die übrigen vier stürzten sich ins Meer und kamen schwimmend und unverletzt ans Ufer.

    XII. Sofort als die von Askalon, unruhig wie die Mücken und stets auf unseren Schaden bedacht, sahen, daß die Stärke des Königreichs bei der Belagerung von Tyrus in Anspruch genommen, das ganze Land aber entblößt und für Einfälle offen sei, sammelten sie ihre Streitkräfte und zogen wieder einmütig den Bergen Judäas zu, überfielen hier plötzlich Bilis, jetzt bekannter unter dem Namen Mahomeria, das fünf oder sechs Meilen nördlich von Jerusalem gelegen ist, eroberten es und töteten bis auf die Greise, Weiber und Kinder, die in einem Turm Rettung fanden, beinahe die ganze Einwohnerschaft. Dann durchzogen sie frei das ganze umliegende Land, wo ihnen niemand Widerstand leistete, töteten oder nahmen gefangen, wer ihnen in den Weg kam und erlaubten sich gegen die Einwohner der Provinz alles, was sie mochten.

    XIII. Unterdessen schlugen die Tyrer, noch mehr als bisher von der Hungersnot bedrängt, andere Wege ein. Sie taten sich in kleineren Kreisen zusammen und begannen sich zu beraten, wie sie ihrer Not ein Ende machen könnten. Sie meinten, es sei besser, die Stadt den Feinden zu übergeben, um dann frei nach anderen Städten ihres Volkes auswandern zu können, als vom Hunger verzehrt zu werden und zusehen zu müssen, wie ihre Weiber und Kinder rettungslos vor Mangel dahinsterben. Nachdem man davon nun vorerst in kleineren Haufen gesprochen hatte, brachte man mit allgemeiner Übereinstimmung diesen Vorschlag an die Ältesten, an die Obrigkeit der Stadt und an die Versammlung des Volkes. Es wird also die ganze Stadt versammelt, die Frage ihr vorgelegt und umständlich besprochen, und alle sind dahin einig, es müsse dieser Not ein Ende gemacht und der Friede um jeden Preis und unter jeder Bedingung hergestellt werden. Sofort rief der König von Damaskus, aus Mitleid mit dem Elend der Belagerten, deren Not, wie er hörte, aufs äußerste gestiegen war, von überallher Bewaffnete zusammen, zog ans Meer herab und lagerte sich wie früher an dem Fluß in der Nachbarschaft von Tyrus. Als dies die Unseren hörten, rüsteten sie sich wieder, um vor ihm auf der Hut zu sein, und waren darauf gefaßt, vor dem Tor eine Schlacht zu liefern. Übrigens setzten sie der Stadt ununterbrochen zu und gaben nicht das Geringste von ihrem Vorhaben auf. Unterdessen schickte der König von Damaskus Männer an die Häupter unseres Heeres, nämlich an den Patriarchen, den Dogen von Venedig, den Grafen von Tripolis, an Wilhelm von Buris und die übrigen Großen des Königreichs, kluge und einsichtsvolle Männer, um über den Frieden zu unterhandeln. Endlich, nach vielem Hin- und Herreden, kamen beide Teile dahin überein, die Stadt sollte den Christen übergeben werden und die Bürger sollten mit ihren Weibern und Kindern und mit all ihrer Habe freien Auszug haben, wollten aber welche von ihnen in der Stadt bleiben, so sollten diese im Besitz ihrer Häuser und Güter bleiben und unbeschränkte Erlaubnis erhalten, hier fernerhin zu wohnen. Als sie erfuhren, daß die Stadt unter diesen Bedingungen übergeben werden sollte, waren das Volk und die Leute von zweitem Rang sehr verärgert darüber, daß die Fürsten über einen solchen Beschluß verhandelten, und daß ihnen die Beute einer eroberten Stadt entgehe, und beschlossen deswegen einmütig, sich ihren Dienstleistungen zu entziehen und den Fürsten durchaus zu widersprechen. Endlich siegte denn aber doch der gesündere Sinn der Höheren, die Stadt wurde übergeben, und die Bürger enthielten dem Vertrag gemäß volle Freiheit, aus der Stadt abzuziehen. Jetzt wurden zum Zeichen des Sieges ruhmvoll die Banner aufgepflanzt, auf dem Turm, der das Stadttor überragt, das des Königs, auf dem, welcher "der grüne" heißt, das des Dogen von Venedig und auf dem, der der Tanariasturm heißt, das des Grafen von Tripolis. Nun war schon vor Einnahme oder Belagerung der Stadt der größte Teil dieses Bezirks in die Gewalt der Unseren gekommen, so daß die ganze Gebirgsgegend um die Stadt, beinahe bis an den Libanon und beinahe bis an den vierten oder fünften Markstein der Stadt hin, sowohl die festen Plätze als die Dorfschaften, ein edler und mächtiger Mann in ruhigem Besitz hatte, der auf dem Gebirge wohnte, wo er einen durch Kunst und durch seine natürliche Lage äußerst festen Platz hatte, von dem aus er der Stadt oft und viel Schaden beibrachte, nämlich Henfred von Toron, der Vater des jüngeren Henfred, der nachher Konstabler des Königs wurde. Auch Wilhelm von Buris, der Konstabler des Königs und Herr von Tiberias, und Graf Joscelin von Edessa, der vor ihm Herr der genannten Stadt gewesen war, hatten auf diesen Bergen weitläufige Besitzungen, von wo sie oft und unversehens die Stadt Tyrus mit schlimmen Überfällen heimsuchten. Ferner hatte auf der Mittagsseite König Balduin, der Vorgänger von diesen, am Meeresufer in der Nähe einer klaren und gesunden Quelle einen festen Platz mit Namen Alexandrium gegründet, der sechs oder sieben Meilen von der Stadt Tyrus entfernt lag. Die Stadt war also schon lange vorher häufig beunruhigt worden und ihre Einnahme den Belagerern dadurch erleichtert worden. Bei dieser Unternehmung starb auch, wie man sagt, ein ehrwürdiger Mann namens Odo, der noch, solange die Stadt in Feindeshänden war, zum Metropolitanbischof dieser Kirche ernannt worden war und vom Patriarchen von Jerusalem geweiht worden sein soll.

    XIV. Jetzt kamen die von der langen Belagerung erschöpften Bürger, um ihren Verdruß zu vergessen, nach unserem Lager heraus, um zu sehen, was denn das für ein eisernes, ausdauerndes und waffengeübtes Volk sei, das eine so vortreffliche und feste Stadt innerhalb weniger Monate in die größte Not gebracht und die äußersten Bedingungen einzugehen gezwungen hätte. Es gelüstete sie, die Form der Maschinen, die Höhe der Kastelle, die Art der Waffen, die Anlage des Lagers zu betrachten. Auch nach den Namen der Fürsten erkundigten sie sich genau und erforschten alles mit Fleiß, um den Nachkommen sichere und treue Berichte hinterlassen zu können. Auch die Unseren gingen in die Stadt, bewunderten ihre Befestigung, die Stärke der Häuser, die Höhe der Türme, die Dicke der Mauern, die Zierlichkeit des Tors, den schwierigen Eingang und rühmten die Ausdauer der Bürger, die, von solcher Hungersnot bedrängt und solchen Mangel leidend, dennoch die Übergabe der Stadt bis jetzt hinausgezogen hatten, denn es fanden sich nach Einnahme der Stadt nur noch fünf Scheffel Frucht darin vor. Und obgleich es auf den ersten Anschein dem gemeinen Volk hart schien, daß die Stadt durch die genannte Übereinkunft in die Gewalt der Unseren gekommen war, so fingen sie sich doch in der Folge darüber zu freuen an, rühmten die große Mühe, die man aufgewendet hatte, und hielten das Werk, das durch ihre Anstrengung und auf ihre Kosten vollbracht worden war, für ewigen Andenkens würdig. Nachdem nun die Stadt so verteilt worden war, daß zwei Teile dem König und der dritte dem früher geschlossenen Vertrag gemäß den Venezianern zufiel, ging jeder freudig und vergnügt nach seinem Eigentum. Diese Stadt wurde eingenommen und für die Christenheit wiedergewonnen am neunundzwanzigsten Juni im Jahre der Menschwerdung des Herrn elfhundertundvierundzwanzig, im sechsten Jahr der Regierung des Königs Balduin des Zweiten von Jerusalem.

    XV. Am neunundzwanzigsten August desselben Jahres erhielt König Balduin von Jerusalem, nachdem er achtzehn Monate oder etwas länger in feindlicher Gefangenschaft gewesen war, gegen ein Lösegeld, das er versprach, und gegen Geisel mit Gottes Hilfe seine Freiheit wieder und kehrte nach Antiochien zurück. Die Summe des Geldes, das er bezahlen mußte, soll hunderttausend Michaëliten betragen haben, eine Münze, die in jenen Ländern in Handel und Verkehr die gebräuchlichste ist. Wie er nun, als er, nach Antiochien zurückgekommen, in Sorge war, womit er das Lösegeld bezahlen und seine Geisel wieder in Freiheit setzen sollte, beriet er sich mit den Einsichtigsten darüber, wie er sich helfen sollte. Man riet ihm nun also, er sollte Haleb belagern, das beinahe ganz leer sei und große Not an Lebensmitteln leide. Auf diese Art könne er es leicht erlangen, daß man ihm, wenn die Bürger durch die Belagerung geängstigt werden, entweder die Geisel zurückgebe oder soviel Geld zahle, als er für seine Freilassung von Anfang an versprochen habe. Dieser Vorschlag gefiel ihm, er rief die Ritterschaft des ganzen Fürstentums zusammen, schloß die Stadt auf die gewöhnliche Art mit einem ringförmigen Lager ein und verweigerte den Bürgern den Aus- und Eingang, so daß er sie zwang, sich mit den wenigen Speisen, die sie noch hatten, zu begnügen. Diese aber schickten viele Briefe in den Orient und hauptsächlich in die Gegend über dem Euphrat aus, in denen sie zu wissen taten, in welcher Not sie seien, und daß die Stadt, wenn nicht schleunigst Hilfe komme, in nächstem zugrunde gehen müsse. Diese Fürsten nun, äußerst besorgt um die ihnen befreundete Stadt, rafften um die Wette Streitkräfte zusammen und brachten, sich gegenseitig unterstützend, Bewaffnete auf, mit denen sie eiligst über den Euphrat setzten und sich alle Mühe gaben, die genannte Stadt zu entsetzen. Das Heer, das den Belagerten zu Hilfe kam, bestand aber aus siebentausend Reitern, wobei die, welche zum Troß gehörten, und die Knechte, die in Diensten der größeren Herren kamen, nicht gerechnet waren. Da nun der König und die, welche mit ihm waren, sahen, wie groß die anrückende Menge sei, hielten sie es für besser, sich zurückzuziehen und sich und ihr Heer in Sicherheit zu bringen, als verwegen mit den stärkeren Haufen der Feinde einen Kampf zu wagen. Die Unseren zogen sich also, noch ehe das Heer vor die Stadt kam, in einen ihnen gehörigen festen Platz namens Ceperus zurück, von wo sie zusammen nach Antiochien gingen. Hier trennten sie sich voneinander, und der König kehrte mit seinem Gefolge nach Jerusalem zurück, wo er vom Klerus und dem ganzen Volk, das sich schon so lange nach ihm gesehnt hatte, mit großer Ehrerbietung aufgenommen wurde und dem Volk und den Vätern nach beinahe zweijähriger Abwesenheit seine erwünschte Gegenwart wieder schenkte. In demselben Jahr starb der Papst Kalixtus der Zweite, und an seine Stelle kam ein gewisser Lambert, Bischof von Ostia, gebürtig aus Bologna, der den Namen Honorius führte. Er hatte aber einen gewissen Theobald, Kardinal-Presbyter zur heiligen Anastasia, zum Nebenbuhler, und weil nun die Wahl des Honorius selbst nicht ganz dem kanonischen Recht gemäß vor sich gegangen war, so verzichtete er nach zwölf Tagen aus freien Stücken in der Versammlung seiner Brüder auf Mitra und Mantel und legte sie wieder ab. Als aber seine Brüder, sowohl die Kardinalbischöfe als die Kardinalpresbytern und Kardinaldiakone seine Demut sahen, machten sie aus Rücksicht auf die Zukunft, um keine Neuerungen in die römische Kirche einzuführen, den bei der Wahl begangenen Fehler wieder gut, wählten denselben Honorius von neuem, warfen sich ihm zu Füßen und leisteten ihm als ihrem Hirten und alleinigen Papst den gewohnten Gehorsam.

    XVI. Indessen kamen, solange der König in Jerusalem war, häufige Botschaften, daß einer der mächtigsten orientalischen Fürsten namens Bursequin ein ungeheures Heer aus dem Orient zusammengebracht habe, damit über den Euphrat gezogen und im Gebiet von Antiochien angekommen sei. Hier zog er nun frei, ohne daß ihm jemand Widerstand leisten konnte, im Land umher, verbrannte, was er außerhalb der Städte und der befestigten Plätze finden konnte, und gab alles als Beute den Seinigen preis. Nachdem nun die Großen von Antiochien ihre Kräfte mehrmals vergeblich gegen ihn versucht hatten und sahen, daß sie nichts vermögen, so taten sie dies dem König, dem sie schon lange vorher die Obhut über das Fürstentum übertragen hatten, zu wissen und baten ihn aufs dringendste, ihnen ohne Säumen zu Hilfe zu kommen. Der König aber, der durch die Sorge für zwei Länder in Anspruch genommen war, für das Königreich nämlich und für das Fürstentum, verwandte auf jenes, dem er doch weit mehr verpflichtet war, einen geringeren Teil seiner Bemühungen. Beinahe zehn Jahre lang hatte er für das Fürstentum, dessen Not ihn oft in Anspruch nahm, Mühe und Kräfte aufgeopfert, so daß er in Geschäften für Antiochien in eigener Person gefangen wurde und beinahe zwei Jahre lang die unwürdige Gefangenschaft der Feinde erdulden mußte; denn im Königreich widerfuhr ihm unter Gottes Schutz durchaus nichts Widriges; sondern der Herr, der der Beistand der Könige ist, lenkte durch seine Hand alles zum Glück. Nichtsdestoweniger wollte er sein Vorhaben mit treulicher Ergebenheit ausführen, sammelte so viele Ritter, als er konnte, und zog schleunigst in jene Gegenden. Der genannte Bursequin aber, ein mächtiger und im Kriegswesen sehr erfahrener Mann, der er war, belagerte noch vor der Ankunft des Königs, von dem er gehört hatte, daß ihn die Antiochener herbeigerufen haben, in Verbindung mit dem König Toghtekin von Damaskus einen festen Platz namens Kaphartab und brachte die Belagerten dahin, daß sie ihm in ihrer Bedrängnis, unter der Bedingung, daß ihres Lebens geschont werde, die Stadt übergaben. Von da durchzog er das kleinere Syrien und belagerte Sardanum, in der Hoffnung, hier ebenso glücklich zu sein. Nachdem er sich aber einige Tage abgemüht hatte und sah, daß es ihm nicht gelingen könne, beschloß er, die ausgezeichnete, aber weniger befestigte Stadt Hasard zu belagern. Während er nun hier Maschinen errichtete und sonstige Kriegsrüstungen vornahm, um seine Kraft zum Schaden der Belagerten zu versuchen, siehe, da erschienen plötzlich der König und mit ihm der Graf von Tripolis wie auch der Graf von Edessa mit einem großen Heer, um den Belagerten mit Gottes Hilfe in nächster Zeit Beistand zu leisten. Als sie sich dem Feind zu nähern anfingen, ordneten sie sich in drei Schlachtreihen. Die erste, welche auf dem rechten Flügel war, bildeten die Großen von Antiochien, die zweite, welche auf der linken Seite war, die beiden Grafen mit den Ihrigen, in der Mitte aber stand der König. Sie hatten elfhundert Reiter und zweitausend Mann Fußvolk. Als nun auf beiden Seiten die Scharen in Ordnung gestellt waren und gegeneinander vorschritten, rannten sie nach Feindes Art mit großem Ungestüm aufeinander zu und richteten ein großes Blutbad untereinander an, in welchem viele auf die verschiedenste Art den Tod fanden, denn bei Kämpfen dieser Art entzündet der Unwille über die Entweihung des Heiligen und über die Verachtung des wahren Gesetzes den Haß und die Feindschaft aufs äußerste. Anders nämlich und weniger erbittert ist der Kampf zwischen solchen, die ein Gesetz und einen Glauben haben, anders zwischen solchen, die verschiedenen Lehren und Glaubensvorschriften anhängen, denn hier gibt, wenn kein anderer Grund zum Haß vorhanden ist, schon das, daß beide verschiedene Glaubensartikel haben, zu ewigem Streit und Hader Anlaß. Wie nun also beide Heere zusammentrafen, drangen sie aufs mutigste aufeinander ein, durch den Beistand Gottes aber, dem es ein Leichtes ist, mit wenigen viele zu überwinden, und der von den Seinen spricht: "Wie geht's zu, daß einer tausend verjagt und zwei sogar zehntausend flüchtig machen", gewannen die Unseren die Oberhand, und es ward ihnen, nachdem die Feinde die Flucht ergriffen hatten, vom Himmel der ruhmreichste Sieg zuteil. Es sollen in dieser Schlacht von den Feinden zweitausend gefallen sein, von den Unseren jedoch nur vierundzwanzig. Bursequin aber geriet, da er sah, daß es ihm so ganz anders ergangen war, als er gedacht hatte, in Angst und Bestürzung und zog, ohne weiter von Heldentaten zu träumen, über den Euphrat in die Heimat zurück. Hier bekam jetzt der König teils aus der Siegesbeute, teils durch die Freigebigkeit seiner Freunde und Getreuen so viel Geld zusammen, daß er sein fünfjähriges Töchterlein, das er als Geisel für seine Freilassung gestellt hatte, auslösen konnte. So nahm er also für einige Zeit Abschied von den Antiochenern und zog wohlbehalten und siegreich nach Jerusalem zurück. In demselben Jahr gründete der König auf dem Gebirge über der Stadt Berytus einen festen Platz, der den Namen Mont-Glavien erhielt.

    XVII. Um dieselbe Zeit fiel der König, da jetzt der Waffenstillstand, der zwischen ihm und Toghtekin gegen Auszahlung einer Summe Geldes zustande gekommen war, zu Ende ging, mit der Ritterschaft des ganzen Königreichs in das Land der Damaszener ein. Er durchstreifte hier frei das ganze Land, zerstörte einige Dörfer, schleppte ihre Einwohner als Gefangene mit fort und kam unversehrt und wohlbehalten mit der reichsten Siegesbeute in die Heimat zurück. Noch ehe sich aber das Heer wieder aufgelöst hatte und nachdem kaum drei Tage verflossen waren, kam die Nachricht, das ägyptische Heer sei mit großen Kriegsrüstungen bei Askalon angekommen. Die Ägypter hatten nämlich die Gewohnheit, jedes Jahr viermal neue Heere nach dieser Stadt zu schicken, damit die von Askalon durch diese immerwährende Erneuerung der Streitkräfte instand gesetzt wären, die vielen Kämpfe mit den Unseren und die fast ununterbrochenen Beunruhigungen auszuhalten. Die neuangekommenen Heerhaufen aber suchten immer, soviel als möglich, mit den Unseren zusammenzutreffen, um die Kräfte der Unseren zu erproben und den Bürgern sichere Beweise ihrer Tüchtigkeit zu geben. Es wurden deswegen auch bei diesen Kämpfen immer viele von ihnen gefangen und getötet, denn sie kannten die Gegend nicht und hatten noch nicht die gehörige Übung in den Waffen, während die Bürger, die schon lange hier lagen, einem Zusammentreffen mit den Unseren vorsichtig auswichen und diese, wenn sie einmal die Flucht ergriffen, nur auf eine kurze Strecke zu verfolgen wagten. Als dies dem König gemeldet wurde, zog er mit seinem Heer, das er nicht sowohl neu zusammenzurufen als bloß beisammenzuhalten hatte, in aller Eile dahin. Als er hier angekommen war, legte er sich mit den Tapfersten und Tüchtigsten an einem dazu passenden Ort in einen Hinterhalt und sandte dann leichte Reiterei aus, die die Gegend durchstreifen sollte, um die in der Stadt aufzureizen und sie zur Verfolgung anzulocken. Als aber die Bürger sahen, daß die Unseren frei in der Nähe der Stadt umherstreifen, ärgerten sie sich über diese ihre Keckheit, griffen um die Wette zu den Waffen, kamen unvorsichtigerweise in einzelnen Scharen aus den Toren und schlugen die Unseren, die ihnen von selbst den Rücken kehrten, in die Flucht. Sie verfolgten auch unbedachtsam die Fliehenden und kamen so bis an den Ort, wo der König mit seiner auserwählten Ritterschaft im Hinterhalt lag. Der König aber verschmähte die im dargebotene Gelegenheit nicht, und die, welche bei ihm waren, standen ihm treulich bei. So kamen sie also den Feinden, die nach der Stadt zurückkehren wollten, zuvor, wurden mit ihnen handgemein und drangen aufs mutigste mit den Schwertern auf sie ein, und ehe sie sich noch nach der Stadt zurückziehen konnten, erschlugen sie vierzig von ihnen, den einen da, den andern dort. Die übrigen aber flüchteten nach der Stadt und glaubten sich kaum innerhalb der Mauern gerettet. Daß die, welche gefallen waren, tapfere Leute gewesen waren, die zu den Edelsten gehört hatten, lehrte das außergewöhnliche Klagen und Jammern, das man aus der Stadt vernahm. Der König aber sammelte durch den Ruf der Trompeten und durch Trommelschall die Seinigen wieder und lagerte sich dann in äußerster Freude in der Nähe der Stadt, wo er die ganze Nacht von seinem Sieg ausruhte und sodann wohlbehalten nach Jerusalem zurückkehrte.

    XVIII. Im folgenden Jahr aber, das seit der Menschwerdung des Herrn das elfhundertundsechsundzwanzigste war und das achte der Regierung dieses Balduin, im Monat Januar, wurde auf einen Befehl des Königs und der Fürsten das Volk des ganzen Königreichs vom Höchsten bis zum Niedersten in allen Städten durch Heroldsstimme aufgeboten, und innerhalb weniger Tage war die ganze Stärke des Königreichs wie ein Mann bei der Stadt Tiberias versammelt, um in das Gebiet von Damaskus einzufallen. Nachdem sie hier angekommen waren, das Gepäck zurechtgemacht und die Scharen in Ordnung gestellt hatten, wurden sie durch die Feldzeichen zum Weiterrücken aufgerufen, und nachdem sie das Land Dekapolis durchzogen hatten, betraten sie den feindlichen Boden. Von da hatten sie bis zu der Ebene von Medan ein enges Tal zu durchziehen, das der Paß von Roob heißt. Diese Ebene erstreckt sich aber weit und breit nach allen Seiten und wird vom Fluß Dan durchzogen, der zwischen Tiberias und Skythopolis, das im Altertum Bethsain hieß, in den Jordan fließt. Einige sind jedoch der Meinung, in der sie durch gleichlautenden Namen unterstützt werden, daß dieser Fluß es sei, der dem Jordan bei seinem Ausfluß den Namen gebe, denn was von ihm sich in das Galiläische Meer ergießt und aus diesem wieder herauskommt, heißt bis zu der Stelle, wo jener Fluß einströmt, der Jor, das übrige aber der Jordan, wobei also Jor und Dan zusammengesetzt sind. Es behaupten aber Beda und einige andere unserer angesehensten Gelehrten, daß beide Flüsse, von denen der eine Jor, der andere Dan heiße, bei Cäsarea Philippi am Fuß des Libanons ihren Ursprung haben. Der Jordan aber nehme diese beiden in sich auf, ergieße sich dann mit all seinem Wasser in den See Genezareth oder das Galiläische Meer, trete aus diesem vollständig wieder hervor und ströme dann nach einer Strecke von beinahe hundert Meilen in den Asphaltsee, der auch das Salzmeer heißt, nachdem er das berühmte Tal durchfurcht hat. Durch diese Ebene also zog unser Heer und kam an dem Flecken an, der Salome heißt. Dieser Ort hatte, wie auch heutzutage noch, christliche Einwohner. Die Unseren schonten also des Ortes, da sie die Bewohner als Brüder ansahen, und zogen nach dem Ort, der Mergisatar heißt, wobei sie sich immer in guter Ordnung hielten und die Ritterschaft an passenden Plätzen verteilt hatten. Dieser Ort soll nämlich der sein, wo Saulus, dieser reißende Wolf und Verfolger der Kirche Gottes, die Stimme vernahm, die ihm rief: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es scheint aber eine göttliche Veranstaltung gewesen zu sein, daß das christliche Heer an diesen Ort kam, wo aus einem Verfolger ein Gefäß der Erwählung wurde, und zwar an demselben Tag, wo diese Umwandlung vorgefallen sein soll. Sie blieben hier zwei Tage ruhig liegen, dann aber konnten sie das Lager derer von Damaskus nicht länger sich gegenüber liegen sehen. Am dritten Tage endlich rüstete man sich auf beiden Seiten zum Kampf, und beide Teile trafen mit gleicher Erbitterung und mit gleicher Stärke aufeinander, so daß der Sieg lange unentschieden blieb. Der König, der nach seiner gewohnten Art aufs mutigste kämpfte, rief jeden seiner Helden bei Namen auf und spornte durch sein Beispiel wie durch seine Worte, in denen er den Sieg verhieß, die Seinigen zum Eindringen auf die Feinde an. Jene aber warfen sich mit gezückten Schwertern auf die Feinde und suchten dem König mit all ihrer Kraft nachzukommen und im Eifer für ihren Glauben Gott und sich selbst zugleich zu rächen. Aber auch Toghtekin ermutigte und entzündete die Seinen durch seine Reden und Verheißungen, indem er ihnen vorstellte, daß sie einen gerechten Kampf kämpfen, in dem es gelte, ihre Weiber und Kinder, und was noch mehr sei, ihre Freiheit und ihren väterlichen Boden gegen Räuber zu verteidigen. Durch diese und ähnliche Reden angespornt, kämpften denn auch sie mit nicht geringem Mut und mit gleichen Kräften. Sofort stürzte sich das Fußvolk auf das Beispiel des Königs und der Ritterschaft hin mit großer Heftigkeit auf die feindlichen Reihen und drang mit großem Mut auf sie ein. Wo sie einen Feind darniedergestürzt oder verwundet finden, stoßen sie ihn nieder und lassen keinen entkommen, wo sie aber einen der Unseren zu Boden liegen sehen, richten sie ihn auf und machen ihn wieder zum Kampf tüchtig. Die Verwundeten bringen sie zum Troß, damit sie sich hier pflegen könnten, und was den Feinden an diesem Tage am meisten geschadet haben soll, einige gaben sich alle Mühe, die Pferde der Feinde zu verwunden und so ihre Reiter den nachfolgenden Genossen schon als halbe Beute in die Hände zu liefern. Der König aber blitzt im dichtesten Gedränge der Feinde, von einigen tapferen und erlauchten Rittern begleitet, einem Löwen ähnlich, und richtet zur Rechten und zur Linken ein solches Blutbad an, daß sich die Sieger selbst darüber hätten erbarmen sollen. Man liest in seiner Geschichte, daß bei uns bis auf diesen Tag keine so gefährliche und lange schwankende Schlacht geliefert wurde, denn nachdem man von der dritten Stunde des Tags bis zur zehnten fortgekämpft hatte, konnte man kaum zur elften Stunde wissen, welcher Teil den Sieg davontragen werde. Endlich wurden mit Gottes Hilfe und auf Fürbitte des vortrefflichen Lehrers der Heiden die Feinde in die Flucht geschlagen, nachdem sie eine für alle Zeit erinnernswerte Niederlage erlitten hatten. Es sollen an diesem Tag mehr als zweitausend von ihnen gefallen sein, bei der Zählung der Unsrigen aber ergab sich, daß nur vierundzwanzig Reiter und achtzig Fußknechte gefallen waren. Nachdem also auf diese Art den Unseren vom Himmel der Sieg verliehen worden war, behauptete der König siegreich den Kampfplatz. Sodann führte er sein Heer mit großer Freudigkeit und unter lautem Dank gegen Gott wieder in die Heimat. Auf der Reise trafen sie auf einen Turm, in welchen sechsundneunzig von den Feinden sich gerettet hatten, erstürmten ihn und töteten alle, die darin waren, mit dem Schwert. Auf ihrem weiteren Zug besetzten sie auch noch einen anderen Turm, ließen aber den zwanzig Feinden, denen er zur Bewachung anvertraut war, das Leben, weil sie den Turm den Unseren ohne Schwierigkeit übergeben hatten. Sie untergruben ihn dann in aller Eile, worauf er mit ungeheurem Getöse völlig zerstört zur Erde stürzte. Nach diesen vielfachen und ewig denkwürdigen Siegen kehrten sie freudig in ihre Heimat zurück.

    XIX. Um dieselbe Zeit beschloß der Graf Pontius von Tripolis, die seinem Gebiet nahegelegene Stadt Rafanea zu belagern, da er sah, daß dieses Unternehmen wohl ins Werk gesetzt werden könne. Um aber seinen Plan desto leichter auszuführen, ersuchte er den König von Jerusalem in Briefen und durch mehrere Botschaften, ihm mit seiner Gegenwart und mit Hilfstruppen beizustehen. Und da der König ein rastlos tätiger Mann war, der sich immer treulichst dem Dienst für das christliche Volk unterzog, so eilte er ohne Aufschub mit einem stattlichen Gefolge zum Grafen. Als er bei ihm ankam, fand er denselben schon völlig gerüstet. Sie nahmen also die Maschinen, die zur Bestürmung der Stadt nötig sein konnten, und Lebensmittel für einige Tage und zogen, das Fußvolk voran, mit ihrem Heer nach der Gegend, der es galt. Als sie vor der Stadt angekommen waren, belagerten sie dieselbe ihrem Vorsatz gemäß und versperrten sogleich den Bürgern den Aus- und Eingang. Die Stadt war aber ihrer natürlichen Lage und der Armut ihrer Einwohner wegen nur wenig befestigt, und da sie schon durch viele Beunruhigungen erschöpft war, so konnte sie nicht lange Widerstand leisten. Derselbe Graf hatte nämlich auf einem benachbarten Berg einen festen Platz erbaut, dessen Besatzung die Einwohner der genannten Stadt durch ununterbrochene Plackereien schon beinahe in die äußerste Not gebracht hatte. Nachdem man sie also achtzehn Tage heftig bestürmt hatte, ergaben sich die Bürger gegen das Versprechen, daß man ihnen das Leben schenken und samt Weibern und Kindern freien Abzug gestatten wolle. Es liegt nämlich dieses Rafanea in der Provinz Apamia und ist eine der Städte, die unter der Gerichtsbarkeit von dieser stehen. Eingenommen wurde sie am letzten März. Der König aber kehrte nach Jerusalem zurück und feierte hier die Osterfeiertage mit vieler Andacht. Um dieselbe Zeit verließ der römische Kaiser Heinrich das Zeitliche. Sein Nachfolger wurde der durchaus löbliche Mann, Herzog Lothar von Sachsen, der nachher mit einem unermeßlichen Heer nach Apulien hinabzog, das ganze Land bis nach Faro eroberte, einen klugen und einsichtigen Mann namens Rainon als Herzog in Apulien einsetzte, den Grafen Roger aber, der dieses Land erobert hatte, nach Sizilien zu fliehen zwang. Dieser Roger kam jedoch, nachdem der Kaiser abgezogen war, wieder zurück, schlug sich mit dem genannten Rainon und erhielt nach dessen Tode das Herzogtum, wurde auch später König von Sizilien und vom ganzen Land.

    XX. Während der König bei Tyrus verweilte, kam sogleich ein Eilbote von Antiochien, der mündlich und brieflich die Nachricht brachte, daß der wütende Verfolger unseres Glaubens, Bursequin, mit einer ungeheuren Kriegsrüstung nach Cölesyrien herabgekommen sei, dort die Städte belagere, wie es ihm in den Sinn komme, die Dörfer in Brand stecke, die Einwohner als Gefangene fortschleppe und die Weiber und Kinder zu Sklaven mache. Als der König dies vernahm, ließ er, ungeachtet er vor den Ägyptern auf der Hut sein mußte und außer Zweifel war, daß sie in nächstem mit einer mächtigen Flotte ankommen werden, dennoch nach der Weise eines klugen Arztes, der sich mit seinen Arzneien dahin wendet, wo die Krankheit am heftigsten ist, alles andere außer acht und zog in aller Eile, um in der dringenden Not auszuhelfen, nach jenen Gegenden. Als dies Bursequin hörte, hob er die Belagerung der edlen Stadt Cerepus, die er mit äußerster Sorgfalt angeordnet hatte, plötzlich auf und zog sich in das jenseitige feindliche Gebiet zurück. Er hatte jedoch noch vor der Ankunft des Königs eine unbedeutende Stadt erobert und einige Weiber mit ihren Kindern gefangengenommen, denn die Männer, die in derselben belagert worden, waren mit großer Schwierigkeit und mit vieler Gefahr ihren Händen entkommen, indem sie lieber allein durch die Flucht Rettung finden, als mit ihren Weibern und Kindern in das Elend der Knechtschaft kommen wollten. Nachher aber wurde der genannte gottlose und verfluchte Bursequin von seiner Umgebung ermordet und erntete endlich die Frucht seiner Schlechtigkeit und Gottlosigkeit. Während dies in Antiochien vorging, kam, wie man schon vorher gewußt hatte, die ägyptische Flotte mit vierundzwanzig Galeeren, die ganze Meeresküste entlangstreifend, bis nach der Stadt Berytus und forschte emsig, ob sie einer unserer Städte Schaden beibringen oder solche, die etwa unvorsichtig nach Syrien oder an Syrien vorbeizögen, unvorgesehen wie aus einem Hinterhalt hervor überfallen könnten. Endlich aber trieb sie der Durst ans Land, um aus dem Fluß Wasser zu schöpfen, worauf das Volk der Stadt mit einigen anderen, die ihnen aus den benachbarten Städten zu Hilfe gezogen waren, herauskam, sie vom Wasser vertrieb und ihnen so heftig zusetzte, daß sie sich mit einem Verlust von hundertunddreißig Mann nach ihren Schiffen flüchten mußten.

    XXI. Im folgenden Jahr unternahm Bohemund der Jüngere, der Sohn des älteren Bohemund, der Fürst von Tarent, da er mit seines Vaters Bruder, dem Herzog Wilhelm von Apulien, einen Vertrag über die Erbfolge geschlossen hatte, nach welchem der, welcher von ihnen beiden früher starb, dem anderen seinen gesamten Besitz hinterließ, mit zehn Galeeren und zwölf anderen Schiffen, die das Gepäck, die Waffen und die Lebensmittel trugen, im Vertrauen, daß ihm der König bei seiner Ankunft sein väterliches Erbe nicht vorenthalten werde, eine Reise nach Syrien. Nachdem er also angekommen war und seine Flotte bereits in der Mündung des Orontesflusses in Sicherheit lag, ging ihm der König, als er davon erfahren hatte, mit den Großen des Landes entgegen und gab ihm, sobald er nach Antiochien kam, aufs freundlichste die Stadt und das Land zurück, das ihn durch die stets wache Sorge, die er darauf verwendet, acht Jahre lang aufs äußerste in Anspruch genommen hatte. Nachdem also das Fürstentum wieder seinen Herrn hatte, kamen alle Großen und Hohen des Landes und leisteten Bohemund in Gegenwart des Königs und von diesem dazu aufgefordert in seinem Palast den Lehenseid. Später kam es durch die Vermittlung von einigen, die mit beiden Teilen vertraut standen, dahin, daß der König, um in ein noch näheres Verhältnis zu Bohemund zu kommen, diesem die zweite seiner Töchter namens Alis unter Bedingungen, die beiden Teilen gefielen, zur Frau gab. Bohemund war nämlich ein junger Mann von ungefähr achtzehn Jahren, ausgezeichnet durch Schönheit der Gestalt, sehr hoch gewachsen, von blonden Haaren, anmutigen Gesichtszügen und von einem Wesen, das den Fürsten auch denen ankündigte, die ihn nicht kannten. Seine Rede war lieblich und konnte sich leicht die Herzen gewinnen, dabei war er sehr freigebig und wie sein Vater auf großartige Weise prachtliebend. Der Abstammung nach stand er gegen keinen Sterblichen zurück, denn sein Vater war Bohemund der Ältere, der der Sohn von Robert Guiskard, diesem erlauchten und ewig denkwürdigen Mann, war; seine Mutter aber war die hochgeachtete und unter allen Frauen hervorleuchtende Konstanzia, die Tochter des vortrefflichen Königs Philipp von Frankreich. Nachdem nun die Hochzeit der herkömmlichen Sitte gemäß begangen worden und die Tochter des Königs dem Fürsten feierlich vermählt worden war, kam der König wohlbehalten nach Jerusalem zurück, der großen Last, die er sich durch die Sorge für Antiochien auferlegt hatte, jetzt entledigt. Bohemund aber belagerte im folgenden Frühjahr den festen Platz Caphardab, den sich die Feinde einige Jahre vorher mit starker Hand erobert hatten. Er hatte dazu aus seinem ganzen Fürstentum Kriegsvolk zusammenberufen und durch Künstler die zur Bestürmung von festen Plätzen nötigen Maschinen errichten lassen, und so gelang es ihm in kurzer Zeit, daß er die Stadt eroberte, wobei er keinen derer, die er drinnen fand, verschonte, obgleich sie ihm einen hohen Preis für ihr Leben boten und ihre Rettung mit Geld erkaufen wollten. Dieses war die erste Probe, die der herrliche und edle Fürst von seiner Jugendkraft und seinen trefflichen Anlagen lieferte.

    XXII. Es stand nicht lange an, so entstanden, aus unbekannten, vor dem Herrn aber jedenfalls nichtswürdigen Ursachen, zwischen diesem Fürsten und dem Grafen von Edessa, Joscelin dem Älteren, heftige Streitigkeiten, so daß dieser, aller Ehre und allem, was in unsrer Zeit für Zucht gilt, zuwider, zum verderblichen Beispiel für die Nachkommen, Türken und Scharen von Ungläubigen zu seinem Beistand herbeirief und im Vertrauen auf ihre Hilfe das Land von Antiochien mit Feuer verheerte und die Einwohner desselben, Diener Christi, dem unverschuldeten Joch der Knechtschaft unterwarf. Was aber das Schlimmste war und was am meisten die Strafe des Herrn verdiente, war das, daß alles dies in Abwesenheit des Fürsten begangen worden sein soll, während dieser, ohne das Geringste davon zu wissen, sich im Dienste Christi mit Bekämpfung der Feinde abmühte. Daher zog sich der genannte Joscelin den Haß und die Entrüstung aller derer zu, zu denen diese Rede kam, und lud den Fluch von ihnen allen auf sich. Der König aber, als auch er durch das Gerücht davon vernahm, eilte, einmal darüber bekümmert, daß die Feinde die Gelegenheit dieses Zwiespalts benützen möchten, unsere Angelegenheiten in noch größere Verwirrung zu bringen und sich einen Weg in unser Inneres zu verschaffen, weil ein jedes Reich, so es mit sich selbst uneins wird, nach dem Wort des Herrn wüst wird, sodann aber auch deswegen, weil beide ihm nahe verwandt waren, indem der eine als der Sohn der Schwester seiner Mutter sein Vetter war und der andere sein Schwiegersohn, dem er erst kürzlich seine Tochter vermählt hatte, sogleich dahin, um den Frieden zu vermitteln, den er auch mit Hilfe des Patriarchen Bernhard von Antiochien, der ihm ein treuer und ergebener Mitarbeiter war, vollständig wiederherstellte. Am meisten half ihm dazu das, daß der Graf in der Zwischenzeit von einer schweren Krankheit befallen wurde, in der er, als er gefährlich an ihr darniederlag, seine Tat bereute und Gott gelobte, er wolle, wenn ihm Leben und Gesundheit wieder geschenkt werden, dem Fürsten Genugtuung geben, sich mit ihm versöhnen und ihm wieder die schuldigen Dienste leisten, was denn auch geschah. Als er nämlich wieder seine volle Gesundheit erlangt hatte, schwor er ihm in Gegenwart des Königs und des Patriarchen, nachdem er sich völlig mit ihm ausgesöhnt und das alte Vernehmen wieder hergestellt hatte, den Lehnseid in seine Hand und hielt diesen hinfort getreulich. Der König aber kehrte, nachdem er den Frieden vermittelt hatte, wieder nach Jerusalem zurück. Um dieselbe Zeit soll der Graf Roger von Sizilien mit einer Flotte von vierzig Galeeren, die er mit vielem Eifer ausgerüstet hatte, gen Afrika gesteuert sein. Da aber die Einwohner zuvor von seiner Ankunft vernommen hatten und gewarnt waren, so verhielten sie sich vorsichtig und gaben den Feinden keine Gelegenheit, ihnen zu schaden, ja sie bewaffneten die Galeeren, die sie in ihrer Nähe hatten, mit nicht geringerem Eifer und verfolgten die genannten Feinde von ihnen, als sie unverrichteterdinge zurückkehrten, in schnellem Lauf bis nach Sizilien, wo sie mit achtzig Galeeren ankamen und die alte und edle Stadt Syrakus, die durch den langen Frieden erschlafft war und in ihrer Sicherheit nichts der Art befürchtete, plötzlich angriffen und sofort eroberten. Nachdem sie die Stadt in ihre Gewalt gebracht hatten, erschlugen sie einen Teil der Bürger, ohne auf Geschlecht oder Alter Rücksicht zu nehmen; denen aber, welchen sie das Leben ließen, bereiteten sie eine Knechtschaft, die härter war als jeder Tod. Auch der Bischof der Stadt, der mit wenigen Klerikern der Kirche nach den Dörfern der Umgegend flüchtete, entrann kaum ihren Händen.

    XXIII. Im nächstfolgenden Frühjahr, vier Jahre nachdem die Stadt Tyrus wieder für die Christenheit gewonnen worden war, hielt der König mit dem Patriarchen und den größeren Fürsten des Königreichs eine Zusammenkunft, um sich über die Wahl eines Bischofs für diese Kirche zu besprechen, und sie ersahen endlich einen Herrn Wilhelm dazu aus, einen ehrwürdigen Mann von durchaus lobenswertem Charakter und Lebenswandel, der von Geburt ein Engländer und bis jetzt Prior der Kirche zum Heiligen Grab gewesen war. Hier weiß nun der Herr schon, daß wir unsre Seufzer nicht genug zurückhalten können, denn wie es im Sprichwort heißt, wo die Liebe ist, dahin richtet sich das Auge, und wo der Schmerz, dahin die Hand, so drückt auch uns diese Sache allzu schwer und macht unserem Herzen allzu große Schmerzen, als daß wir ruhig bleiben könnten. Wenn wir uns aber über die Weisheit dieser Welt wundern müssen, so nehmen wir Abstand, uns ganz hierüber auszusprechen, weil wir fürchten, verwegen zu werden. Die, welche zwei Jahre vorher, ehe der genannten Stadt die christliche Freiheit zurückgegeben wurde, einen Bischof für sie geweiht hatten, verschoben es nachher aus einem leichtsinnigen und rohen Unverstand bis ins vierte Jahr, dieser Kirche einen neuen Vorstand zu geben, so daß, da unterdes die Kirchen anders verteilt worden waren und die Kathedrale eine Verstümmelung an ihren eigenen Gliedern erlitten hatte, der, welcher zuerst wieder die Sorge für sie übernahm, einem Verfluchten gleich ein verschlechtertes Teil empfing, denn es steht geschrieben: Verflucht ist der Mensch, der sein Teil schlechter macht. Unser Vorfahre jedoch und wir andern, die wir nachher diesem folgten, können mit Recht die Wirkung dieses Fluches von uns ablehnen, denn wir haben nicht selbst unser Teil schlecht gemacht, sondern wir mußten die Kirche in einer von anderen schlechter gemachten Lage notgedrungen übernehmen. Möge der Herr ihrer schonen und sie nicht zur Hölle verdammen, die so mit der Kirche umgegangen sind. Sofort reiste unser genannter Vorgänger, Herr Wilhelm, nachdem er die Weihe vom Patriarchen von Jerusalem empfangen hatte, durchaus entgegen dem Willen von diesem, um das Pallium zu empfangen, nach Rom, wo er von Papst Honorius dem Zweiten gütig aufgenommen wurde, und erhielt, um was er bat. Er wurde auch mit vielen Ehren wieder in seine Heimat entlassen, begleitet von einem apostolischen Schreiben, dessen Inhalt folgender war: "Bischof Honorius, der Knecht der Knechte Gottes, seinen ehrwürdigen Brüdern, den Suffraganbischöfen der Kirche und dem Volk von Tyrus seinen Gruß und apostolischen Segen. Wir haben unsern teuern Bruder Wilhelm, Euern Erzbischof, als er zu uns kam, mit der schuldigen Liebe empfangen, und da er rechtmäßig erwählt worden und von unserm ehrwürdigen Bruder, dem Patriarchen Gormund von Jerusalem, eingeweiht ist, kraft unserer päpstlichen Vollmacht mit der Würde des Palliums geschmückt. Weil wir aber des Glaubens sind, es werde Eurer Mutterkirche von Tyrus unter Gottes gnädigem Beistand großer Nutzen aus seiner Person erwachsen, so glauben wir ihn mit einer Gunstbezeugung des Apostolischen Stuhls und mit einem Schreiben von uns an Euch zurückschicken zu müssen. Wir gebieten also Eurer Gesamtheit, daß Ihr ihn freundlich empfangt und ihm als Eurem Metropolitanen und dem Bischof Eurer Seelen demütig Unterwerfung, Gehorsam und Ehrerbietung erweist." - "Bischof Honorius, der Knecht der Knechte Gottes, seinem ehrwürdigen Bruder, dem Patriarchen Gormund von Jerusalem, seinen Gruß und apostolischen Segen. Wir haben die Briefe Deiner Bruderschaft empfangen und unsern Bruder Wilhelm, den Ihr zum Erzbischof der Kirche in Tyrus geweiht habt, gütig aufgenommen und ihn kraft unserer päpstlichen Vollmacht mit der Würde des Palliums geschmückt. Wir haben auch den Suffraganbischöfen seiner Kirche geboten, ihm, als ihrem Metropolitanen, Unterwerfung, Gehorsam und Ehrerbietung zu erweisen. Gegeben im Territorium von Bari den achten Juli." Er schickte mit eben diesem Erzbischof auch den Bischof Ägidius von Tuskulum als Legaten des Apostolischen Stuhls, einen sehr beredten und gelehrten Mann, von dem noch bis auf den heutigen Tag viele Briefe an die Antiochener vorhanden sind. Durch diesen schrieb der Papst einen Brief an den Patriarchen Berhard von Antiochien, worin er diesem gebot, dem Erzbischof von Tyrus die zu seiner Kirche gehörigen Bistümer nicht länger zu entziehen. Er sagt hier unter anderem: "Weswegen wie durch apostolische Schriften und durch unsern ehrwürdigen Bruder, den Erzbischof Ägidius von Tuskulum, Legaten des Apostolischen Stuhls, Euch gebieten, ihm die zur Kirche von Tyrus gehörigen Bistümer wieder zuzuweisen. Und so die Bischöfe nicht innerhalb vierzig Tagen, nachdem sie den Brief, den wir an sie geschickt, gelesen haben, ihm die gebührende Unterwürfigkeit bezeugt haben, entsetzen wir sie von da an ihres Bischofsamtes." Wie es aber gekommen ist, daß der Erzbischof von Tyrus vom Patriarchen von Jerusalem geweiht und ihm untergeben worden ist, da doch von den Zeiten der Apostel an bis dahin die Kirche von Tyrus, wie jedermann weiß, unter dem Sitz von Antiochien war, wird in der Folge am passenden Ort erklärt werden.

    XXIV. Im folgenden Jahr, um die Mitte des Frühlings, landete der erlauchte und herrliche Edelmann, Graf Fulko von Anjou, den der König nach dem gemeinsamen Beschluß aller, sowohl der geistlichen als der weltlichen Fürsten, eingeladen hatte, um ihm seine erstgeborene Tochter Milisende zur Frau zu geben, mit einem stattlichen Gefolge edler Männer und mit einer Ausrüstung, welche königliche Pracht überstieg, bei der Stadt Akkon. Mit ihm kam auch Wilhelm von Buris, der Konstabler des Königs, den dieser sogleich nach seiner Rückkunft aus der Gefangenschaft mit einigen anderen Edlen entsandt hatte, um den genannten Grafen herbeizurufen. Man hatte ihm nämlich bei seinem Abgang aufgetragen, dem Grafen in die Seele des Königs und der Fürsten des Reichs den Schwur zu leisten, daß er innerhalb fünfzig Tagen, nachdem er das Königreich wohlbehalten betreten habe, die erstgeborene Tochter des Königs samt der Anwartschaft auf den Thron nach des Königs Tode erhalten werde. Der König gab ihm also sogleich, nachdem er gelandet war und noch ehe das nahe Pfingstfest herankam, ohne Zögern, dem Vertrage gemäß, die genannte Tochter zur Frau und für Lebzeiten des Königs die beiden Städte Tyrus und Ptolemais, die denn der Graf und seine Frau bis zum Tode des Königs im Besitz hatten. Der genannte Graf war nämlich ein kluger und wackerer Mann, der dem König sein ganzes Leben lang in den Regierungsgeschäften getreu beistand, in Ergebenheit alle Pflichten eines Sohnes erfüllte und nie lässig war, dem König die Dienste zu leisten, mit denen man sich einen Freund erwirbt.

    XXV. In demselben Jahr holte sich der Patriarch Gormund von Jerusalem bei Belagerung eines festen Platzes im Gebiet von Sidon namens Belhafem, den einige Räuber in Besitz genommen hatten, die Veranlassung seines Todes und mußte schwer erkrankt nach Sidon gebracht werden, wo sich sein Übel so verschlimmerte, daß er, nachdem er an die zehn Jahre Patriarch der Kirche von Jerusalem gewesen war, dem Tod seinen Tribut bezahlte und den Weg alles Fleisches ging. Sein Nachfolger wurde Abt Stephan von Sankt Johann von Vallée, das in der Stadt Chartres liegt, ein Mann, edel seiner Abkunft nach, aber noch edler nach seinem Leben und seinem Charakter. Er war nämlich selbst aus Chartres gebürtig und ein Verwandter des Königs Balduin. Ehe er in den geistlichen Stand trat, war er Ritter und Vicomte dieser Stadt gewesen, später aber entsagte er der Welt, nahm in dem genannten Kloster das Ordensgewand an und wurde dann seiner Verdienste halber und weil er in der Jugend gehörig in den edlen Künsten unterrichtet worden war zum Vorsteher dieser Kirche erhoben. Er war der Andacht wegen nach Jerusalem gekommen, um hier seine Gebete zu verrichten, und während er sich nun, auf die Überfahrt wartend, länger daselbst verweilte, traf es sich, daß der Patriarch Gormund starb und, als der Klerus und das Volk über die Wahl eines Nachfolgers verhandelten, die allgemeine Wahl auf ihn fiel. Nachdem er nun eingeweiht war, fing er mit dem König einen schweren Streit an, indem er behauptete, die Stadt Joppe gehöre ihm und der Kirche zum Grab des Herrn und wenn Askalon erobert sei, so falle ebenso die Heilige Stadt rechtmäßig an die Kirche. Er war nämlich ein Mann von großem Sinn und ehrenhaftem Lebenswandel, der fest auf seinen Vorsätzen beharrte und eifrig sein Recht verfolgte. Es entstand daher schwere Feindschaft zwischen ihm und dem König, der jedoch sein früher Tod ein Ende machte, denn er starb nach nicht ganz zwei Jahren. Einige sagen, er sei an Gift gestorben, die Gewißheit dieser Angabe konnten wir aber nicht erfahren. Doch erzählt man, er habe dem König, als ihn dieser auf seinem letzten Krankenbett besuchte, auf die Frage nach seinem Befinden geantwortet: "Wir befinden uns jetzt, Herr König, so wie Ihr es wollt."

    XXVI. Im folgenden Jahr kamen Hugo von Payns, Großmeister des Ordens der Tempelritter, und einige andere Ordensgeistliche, die vom König und den übrigen Fürsten des Reichs an die Fürsten des Abendlandes gesandt worden waren, um die Völker zu unserem Beistand aufzufordern und insbesondere zur Belagerung der Stadt Damaskus einzuladen, mit einer großen Anzahl edler Männer, die ihrem Ruf gefolgt waren, ins Königreich zurück. Im Vertrauen auf deren Kräfte und Bemühungen traten denn der Verabredung gemäß alle christlichen Fürsten des Orients zusammen, nämlich König Balduin, Graf Fulko von Anjou, Graf Pontius von Tripolis, der Fürst von Antiochien, Bohemund der Jüngere und der Graf von Edessa, Joscelin der Ältere. Diese alle hatten nach gemeinsamem Beschluß ihre Ritter und Hilfsvölker versammelt und zogen, um die Wette eilend, in geordneten Scharen einher, die vortreffliche und edle Stadt Damaskus zu belagern und sie dann entweder zur Übergabe zu zwingen oder sie mit den Waffen zu erobern. Aber dieser großen Unternehmung trat die göttliche Vorsehung nach einem verborgenen, aber jedenfalls gerechten Ratschluß entgegen. Anfangs nämlich waren sie zwar unter Gottes Führung in allem glücklich, als sie aber das damaszenische Gebiet erreicht hatten, sonderten sich bei einem Ort, der Mergesaphor heißt, die geringeren Leute, die im Lager dazu gebraucht werden, daß man sie nach allen Seiten die Dörfer durchstreifen läßt, um Lebensmittel und sonstige Bedürfnisse für Menschen und Vieh zusammenzubringen, vom übrigen Heer ab. Zum Schutz hatte man ihnen Wilhelm von Buris mit tausend Reitern beigegeben. Sofort trennten sie sich voneinander, wie es diese Leute zu machen pflegen, und begannen keck das ganze Land zu durchstreifen, mit Absicht jeder allein, ohne sich den Genossen anzuschließen, daß keiner das was er fand mit den übrigen teilen mußte. Während sie nun damit beschäftigt waren, die Dörfer zu erbrechen, um Beute zu den Ihrigen zurückzubringen, begannen sie sich allzu unvorsichtig zu verhalten und die Vorschrift der Kriegszucht zu überschreiten. Als der Fürst Toghtekin von Damaskus hiervon hörte, hoffte er, was denn auch eintraf, bei ihrer Unvorsichtigkeit und Unkenntnis der Gegend, sie durch einen plötzlichen Überfall verderben zu können. Er suchte also aus seinem ganzen Heer die gewandtesten und kriegserfahrensten aus und überfiel die Unseren plötzlich, während sie auf die genannte unvorsichtige Art Futter zu gewinnen suchten. Da sie unvorbereitet und auf ganz anderes mit ihrem Sinn gerichtet waren, so war es ihm ein Leichtes, sie in die Flucht zu schlagen und die Zerstreuten da und dort niederzumachen, und er hörte nicht auf, sie zu verfolgen, bis sowohl das Volk als die Stärke der trefflichen Männer, die man ihnen zum Schutz gegeben hatte, in die Flucht geschlagen waren, wobei der größte Teil umkam. Auf diese Nachricht erhoben sich die Unseren, die beim Heer waren, um diese Niederlage zu rächen, griffen zu den Waffen und wollten eben mit männlich festem Sinn und vom größten Unwillen erfüllt den Feinden entgegenziehen, als plötzlich die Kraft Gottes, gegen dessen Willen die Menschen nichts ausführen können, einen so ungestümen Regen sandte, die Luft so verfinsterte und die Wege so überschwemmte, daß man, ohne von etwas anderem als von der stürmischen Witterung bedrängt zu werden, kaum noch sein Leben retten zu können hoffte. Die Verfinsterung der Luft, die Dichtigkeit der Wolken, die Unregelmäßigkeit der Windstöße und die häufigen Blitze und Donnerschläge hatten dies schon lange vorher angekündigt, aber die Blindheit der Menschen, die nichts von der Zukunft weiß, hörte nicht auf die Stimme der göttlichen Langmut, die sie zurücktrieb, sondern wollte, was unmöglich ist, dem Willen des Herrn trotzen. Da sie nun sahen, daß diese Verfinsterung der Luft ihrer Sünden halber erfolgt sei, gaben sie notgedrungen ihren Plan auf, denn die Lage der Dinge hatte sich so verändert, daß die, deren Ankunft den Feinden Schrecken und äußerste Besorgnis eingeflößt hatte, jetzt sich selbst zur Last geworden waren, und während der bisher furchtsame Feind sich in den Sieger verwandelt hatte, mußten sie es für ein großes Glück halten, wenn sie in die Heimat zurückkamen. Dieses ereignete sich am fünften Dezember im Jahr der Menschwerdung des Herrn elfhundertunddreißig, im zwölften Jahr der Regierung König Balduins, beinahe ganz auf demselben Platz, wo vier Jahre früher derselbe König einen ausgezeichneten und denkwürdigen Sieg über dieselben Feinde erfochten hatte. Wunderbar ist es, ja äußerst wunderbar und über alle Gedanken der Menschen, daß du, unser ewiger Heiland, die, welche auf ihre Kraft vertrauen, erniedrigst und die, welche ihr Vertrauen auf den Menschen und auf den Arm von Fleisch setzen, wie sie es verdienen, mit dem Pfeil deines Fluches darniederstreckst, denn du willst keinen Helfer haben noch einen, der den Ruhm mit dir teilt. Du, Herr, hast gesprochen: "Ich will meine Ehre keinem andern lassen. Die Rache ist mein, ich will vergelten, ich kann töten und lebendig machen, ich kann schlagen und kann heilen, und niemand ist da, der aus meiner Hand errettet. Und so ist es in Wahrheit, mein Gott, denn während der König, als er mit den Kräften seines Königreichs allein, nur mit seiner eigenen Ritterschaft, aber im Vertrauen auf die überreiche Gnade Gottes oft unverhoffte Siege über die Feinde erfocht, hast du ihm, als er im Vertrauen auf seine Menge durch Menschenwerk erhöht werden wollte und bei der Menge von Hilfsvölkern, die er hatte, auf die Kraft der Sterblichen sich stützte, deine Gnade entzogen und ihn seinem Schicksal überlassen. Er, der im Vertrauen auf Gottes Beistand, ohne Schwierigkeit mit wenigen über die Feinde zu triumphieren gewohnt gewesen war, zog jetzt mit der großen Menge, die er hatte, in Verwirrung ab. So konnten sie also wegen der Ungunst der Witterung, die ihnen von oben zugesandt wurde, und da der Himmel selbst gegen sie kämpfte, weder die von den Ihrigen rächen, welche durch die Feinde umgekommen waren, noch ihren weiteren Plan ins Werk setzen. Auf dieses hin trennten sich unsere Fürsten voneinander, denn sie hielten es für unmöglich, das begonnene Werk ohne Schwierigkeiten fortzusetzen, und kehrten ein jeder in seine Heimat zurück. Indessen starb Patriarch Stephan von Jerusalem. Sein Nachfolger wurde Wilhelm, Prior der Kirche zum Grabe des Herrn, ein Flamänder von Geburt, aus dem Ort, der Mecheln heißt. Er war ein einfacher Mann, der nur wenig Gelehrsamkeit besaß, aber von schöner Gestalt und löblichen Sitten, und dem König, den Fürsten des Reichs und dem ganzen Volk äußerst wert und teuer war.

    XXVII. Nachdem nun Fürst Bohemund von Antiochen, der Schwiegersohn des Königs, von dieser Unternehmung wieder in seine Provinz zurückgekommen war, fiel der Fürst von Haleb, Ridwan, dieses Kind des Verderbens, in das antiochenische Gebiet ein. Der Fürst zog ihm, um ihn von seinen Grenzen abzuhalten, nach Kilikien hinab entgegen, wohin ihn ohnedies Familienangelegenheiten riefen. Als er nun hier an dem Ort, der "die Mantelwiese" heißt, auf einer weiten Ebene sein Lager schlug, wurde er plötzlich von den Feinden überfallen und, da ihn die Seinigen im Stich ließen, von ihren Schwertern durchbohrt, ein großer Fürst, der, wenn er länger gelebt und nicht ein unzeitiger Tod und ein neidisches Geschick ihn der Welt entzogen hätten, zu einem Gott genehmen Manne geworden wäre. Das Volk von Antiochien wurde durch diesen Fall stark erschüttert, denn während sie in allzugroßem Vertrauen auf seine Jugend geglaubt hatten, unter seiner Regierung auf lange ruhig leben zu können, fielen sie jetzt wieder in die alte Not zurück, daß sie ohne ein Haupt zu haben den Feinden als Beute preisgegeben dastanden. Nachdem sie sich nun miteinander beraten hatten, riefen sie den König von Jerusalem herbei, der, von dieser Kunde tief ergriffen und in großer Besorgnis, es möchte dem Lande nach dem Verlust seines Führers etwas Schlimmes zustoßen, seine eigenen Geschäfte stehen ließ, um die Sorge für fremde Angelegenheiten zu übernehmen, die ihm aber keine fremden zu sein schienen, wie ihm überhaupt nichts fremd war, was einen christlichen Fürsten betraf, denn er glaubte sich allen Arbeiten, durch die er dem christlichen Volk nützen könnte, eifrig unterziehen zu müssen. Er eilte also, so sehr er konnte, Antiochien zu. Unterdessen faßte seine Tochter, sobald sie vom Tode ihres Gemahls erfuhr und ehe sie noch etwas von der Ankunft ihres Vaters hörte, in ihrem schlechten Sinn den Vorsatz zu einer verruchten Tat. Um ihren Plan mit mehr Ruhe ins Werk setzen zu können, schickte sie Boten an einen mächtigen türkischen Fürsten namens Sanguin, in der Hoffnung, sich mit seiner Hilfe den Vätern und dem ganzen Volk von Antiochien zum Trotz für immer in der Herrschaft behaupten zu können. Sie hatte aber von Bohemund eine einzige Tochter, die bei ihr nicht in großer Gunst zu stehen schien, denn ihr ganzes Bestreben ging dahin, diese Tochter zu enterben und das Fürstentum, sei es als Witwe oder aufs neue vermählt, für immer in ihrem Besitz zu behalten. Sie hatte aber auch dem genannten edlen Manne durch einen ihrer Vertrauten einen weißen Zelter mit silbernem Hufbeschlag, silbernem Reitzeug und einer schneeweißen Samtdecke, so daß alles an dem Pferd weiß war, als Geschenk zugeschickt. Dieser Bote wurde auf der Reise durch Zufall aufgefangen und vor den König gestellt, wo er alles bekannte und zum Lohn für seine schlimmen Wege am Leben gestraft wurde. Als nun der König, der des genannten Vorfalls wegen nach Antiochien eilte, vor der Stadt ankam, wollte ihn seine Tochter nicht einlassen, weil sie sich in ihrem bösen Gewissen sogar vor ihrem Vater fürchtete. Sie übergab also die Stadt ihren Anhängern, die sie mit Geld gewonnen hatte, und suchte auf alle Art Widerstand zu leisten und frei ihre Tyrannei auszuüben. Es erging ihr aber ganz anders, als sie es gewollt hatte. Es waren nämlich in dieser Stadt gottesfürchtige Männer, die sich nichts um die Frechheit des unsinnigen Weibes bekümmerten. Unter diesen waren auch Petrus Latinator, Mönch zu Sankt Paul, und Wilhelm von Aversa. Diese riefen mit Übereinstimmung der übrigen durch geheime Botschaften den König herbei und stellten der Verabredung gemäß den Grafen Fulko von Anjou an das Herzogstor, den Grafen Joscelin aber an das Sankt-Pauls-Tor. Als nun der König ankam, schlossen sie die Tore auf und führten den König herein. Als dies die Fürstin erfuhr, wandte sie sich nach der Burg, nachher jedoch stellte sie sich auf den Rat der Klügeren unter ihren Vertrauten vor ihren Vater und unterwarf sich seinem Urteil. Der Vater aber, obgleich er von gerechtem Unwillen über das Begangene erfüllt war, ließ sich, nachdem er Antiochien erhalten hatte, durch Bitten und durch die väterliche Liebe, die ihn nicht verließ, bestimmen, seiner Tochter, damit sie nicht wieder ähnliches versuche, die Seestädte Laodikäa und Gabulum zu überlassen, die ihr ihr Gemahl in seinem letzten Willen als Heiratsgut bestimmt hatte. Nachdem er nun die Angelegenheiten der Stadt in Ordnung gebracht und die weitere Sorge den Fürsten überlassen hatte, kehrte er nach Jerusalem zurück, wohin ihn seine eigenen Angelegenheiten riefen. Zuvor jedoch hatte er sich von den Hohen und Niederen als Lehnsherrn huldigen und sie einen körperlichen Eid schwören lassen, daß sie dem Waisenkind Konstantia, dem Töchterlein Bohemunds des Jüngeren, entweder noch zu seinen Lebzeiten oder nach seinem Tode Antiochien samt allem Zugehörigen getreu erhalten wollten. Er fürchtete nämlich von der Bosheit seiner eigenen Tochter, sie möchte, wie sie es schon früher gewollt hatte, das genannte Kind erblos zu machen suchen.

    XXVIII. Nachdem er nun nach Jerusalem zurückgekehrt war, fiel er in eine sehr schwere Krankheit, und als er sah, daß sein Ende herankomme, demütigte er sich vor dem Herrn, verließ in Niedrigkeit seinen Palast, legte den königlichen Prunk ab und ließ sich in das Haus des Patriarchen tragen, das nahe bei dem Ort der Auferstehung des Herrn war, denn er hoffte, der, welcher hier den Tod besiegt hatte, werde auch ihn seiner Auferstehung teilhaftig machen. Hier ließ er seine Tochter und seinen Schwiegersohn mit ihrem schon zweijährigen Knäblein Balduin herbeirufen und übergab ihnen in Gegenwart des Patriarchen, der Prälaten der Kirchen und einiger Fürsten, die gerade anwesend waren, die Sorge und die volle Gewalt über das Königreich, nachdem er ihnen wie ein frommer Fürst seinen väterlichen Segen erteilt hatte. Er selbst aber legte als ein wahrer Bekenner Christi ein geistliches Gewand an, gelobte, wenn er am Leben bleibe, nach der Ordensregel leben zu wollen, und gab seinen Geist auf in die Hände dessen, der der Vater der Geister ist, von dem er mit anderen frommen Fürsten seinen Lohn empfangen wird. Er starb im Jahr der Menschwerdung des Herrn elfhundertundeinunddreißig, im dreizehnten Jahr seiner Regierung, im Monat August, am einundzwanzigsten Tag des Monats. Begraben wurde er zwischen seinen königlichen Vorgängern unter dem Kalvarienberg, vor dem Ort, der Golgatha heißt, und das Leichenbegängnis wurde durch die Sorge der Seinigen mit königlicher Pracht gefeiert. Sein Andenken ist wegen seiner ausgezeichneten Rechtschaffenheit und wegen seiner vortrefflichen Werke bis auf den heutigen Tag bei allen gesegnet.

 

 

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