Gladiator

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Gladiator

 

 

Der »Gladiator« ist ein Monumentalfilm, der Themen der späten römischen Kaiserzeit aufgreift und mit dem Machtwechsel von Marc Aurel, dem "Philosophenkaiser", auf seinen nichtsnutzigen, erst 19jährigen Sohn Commodus beginnt. Eine wichtige Nebenrolle spielt die moralisch ebenfalls nicht gefestige älteste Schwester des Commodus, Lucilla. Der Hauptheld Maximus ist frei erfunden, obwohl es im Umfeld des Commodus einen Maximus wirklich gab (siehe dazu meine Personenrecherche), über den aber weiters nichts bekannt ist, außer daß er Vorzüge besessen haben muß, auf die Commodus, der von der hohen Begabung und Tüchtigkeit seines Vaters nichts geerbt hat, naturgemäß eifersüchtig war. Folglich hat Commodus ihn umbringen lassen. Niemals hat Marc Aurel auch nur in Erwägung gezogen, einen anderen als seinen einzigen Sohn zum Nachfolger zu bestimmen. Richtig ist, daß er ihm aufgrund seiner Jugend Berater zur Seite gestellt hat, damit sein jugendliches Temperament ihn nicht so leicht außer Kontrolle geraten lasse, wenngleich sich Commodus ihrer im Laufe seiner Regierungszeit entledigt hat. Auch die Todesumstände Marc Aurels, der, wie im Film gezeigt, von Commodus erstickt wird, entbehren jeder Grundlage. Marc Aurel starb an der Pest. Commodus hatte in Wirklichkeit hinsichtlich seines Aussehens, seines Körperbaus und seiner Geschicklichkeit weitaus größere Vorzüge, als der Schauspieler, der ihn darstellt. Er war von Natur aus hellblond, und an seine Wangen schmiegte sich in jungen Jahren weicher Flaum. Von Gestalt war er vorzüglich gebaut, und er hatte ein männlich schönes Gesicht.

Das gesamte persönliche Umfeld des Commodus war wesentlich reichhaltiger als es der Regisseur inszeniert hat, denn die Äußerung Commodus seiner Schwester gegenüber, er habe niemand anderes als sie, entspricht nicht den Tatsachen. Commodus hatte wenigstens drei Schwestern. Lucilla kennen wir schon, die beiden anderen hießen Faustina und Fadilla. Marc Aurel hatte außerdem zwei Söhne, von denen allerdings einer schon früh verstarb. Darüber hinaus war Commodus mit Crispina verheiratet, hatte Nebenfrauen und Maitressen, und nicht, wie uns der Film glauben machen möchte, ein Inzenst-Verhältnis zu Lucilla, wie das etwa bei der Schwester Caligulas der Fall war. Überhaupt scheint hier eine Verwechslung mit jenem vorzuliegen, aber das liegt in der Schuld des Regisseurs. Nachdem bekannt geworden war, daß Lucilla sich an einer Verschwörung gegen Commodus beteiligt hatte, ließ dieser sie zunächst in die Verbannung schicken und später dann enthaupten. Gestorben ist Commodus nicht in der Arena, sondern er wurde von seinem Sklaven Narcissus im Bad erwürgt. An diesem Mordkomplott war seine Maitresse Marcia maßgeblich beteiligt. Seine Frau ließ Commodus wegen angeblicher Untreue töten. Neben seiner Geliebten hielt er sich allerdings auch noch einen Lustknaben, mit dem er des öfteren schlief, und er war der Trunksucht und Schwelgerei ergeben. Lucilla war in erster Ehe mit dem Adoptivkaiser Lucius Verus verheiratet, und nach dessen Tod gab Marc Aurel sie dem Pompeianus zur Frau. Als ehemalige Kaiserin genoß sie das Recht, neben ihrem Bruder zu sitzen, und als Crispina dann Kaiserin geworden war, gebührte dieser natürlich diese Ehrenbezeugung, was Lucilla wiederum mit Eifersucht vernahm. Die Intrige, die Lucilla daraufhin entspann, wurde aufgedeckt, ihr Vertrauter Quintus, mit dem sie auch verkehrte, wurde festgenommen, noch bevor es zu dem Anschlag auf Commodus kam.

Eine absolut kitschige Wendung des Drehbuchautors, die ihresgleichen in der römischen Geschichte nicht hat, dürfte der Umstand sein, daß ein gewesener Tribun plötzlich auf einem Sklavenmarkt im heutigen Marokko landet. Wenn ich in irgendeinem privaten Rundfunksender gehört habe, daß der Film mit der Schlacht im Teutoburger Wald beginnen soll, dann ist dies zeitlich ziemlich falsch eingeordnet, denn diese war bereits 9. n. Chr., während die Markomannenkriege sich im 2. Jh. n. Chr. abspielten und sich von Pannonien bis Alemannien erstreckten, also weit entfernt vom Teutoburger Wald stattfanden.

Anders als im Film dargestellt, war Commodus Linkshänder. Er ließ sich mit Hercules anreden, kleidete sich in Löwenfelle und trug wie dieser eine Keule anstatt des Szepters. Die Treffsicherheit seines Armes war war so gut entwickelt, daß er die von ihm selbst in der Arena erlegten Tiere zielgenau traf. Seine Vorliebe für Gladiatorenkämpfe ging so weit, daß er selbst als Gladiator nackt in der Arena auftrat, wobei ihn seine Gegner weniger aus Unvermögen, sondern aus Ehrfurcht ihrem Kaiser gegenüber gewinnen ließen. Vielleicht waren sie aber auch präpariert, wie dies im Film sehr schön gezeigt wird.

Bei aller historischen Fälschung ist der Film, wenn man ihn nicht zu ernst nimmt, in jedem Falle eine gewaltige filmische Leistung in bezug auf publikumswirksame Effekte, oder doch zumindest spektakulär. Die sentimentalen Gefühlsduseleien und die überflüssigen Tugendbekundungen, die mehr einem smarten Schwächling geziemen als einem Römer, sind mehr als unpassend, und auch die Denkweise und Geisteshaltung könnten sich eher unsere heutigen Kriegsdienstverweigerer auf ihre Fahnen schreiben als Gladiatoren. So schön die weibliche Hauptdarstellerin als Frau auch sein mag, und so sehr man sich in sie verlieben könnte, so undurchsichtig spielt sie doch in jeder Hinsicht ihre Rolle. Man kann bis zuletzt nicht herausbekommen, ob sie den Helden wirklich liebt oder sich nur schuldig fühlt, ob sie ihrem Bruder verbunden ist oder nur ihrem Ehrgeiz. Aber auch der wirkt nicht so recht überzeugend.

Dennoch rate ich Ihnen: Schauen Sie sich diesen Film an, es lohnt sich, und Sie erfahren viel über die menschliche Natur.

 


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