Aphorismen

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Marc schrieb: "Vielleicht will Gott gerade, daß es den Anschein erweckt, es würde ihn nicht geben, um es dem Menschen freizustellen, ihn zu fürchten oder nicht an ihn zu glauben." Warum sollte er, das wäre ziemlich blöd! Wollte Gott dem Menschen die Entscheidungsfreiheit lassen, müßte er sich klar und unzweifelhaft zu erkennen geben. Damit könnte sich jeder Mensch für oder gegen ihn entscheiden, ihn fürchten, ihn lieben, ihn hassen. Glauben oder nicht artet aber nur in reine Spekulation aus, der Mensch muß nun werten, ob die Argumente für oder gegen einen Gott überwiegen. Wozu das? Glaube ist Nonsens! Glauben muß man nur an Dinge, die es nicht gibt, wie Ufos, Weihnachtsmann, Elfen oder Gott. Gäbe es einen Gott - und wäre er an uns interessiert (was die Christen ja behaupten) - wäre es seine Pflicht, sich uns unzweifelhaft zu erkennen zu geben. "Glauben" ist immer schlechter als "Wissen"!

Antwort: Obwohl ich es für absolut regelwidrig halte, über Gott als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung zu diskutieren, so erkläre ich mich dennoch bereit, über ihn unter logischen Gesichtspunkten zu reden. Fangen wir damit an, alles über ihn festzuhalten, was wir bislang wissen. Ob es Gott gibt oder nicht, kann weder physikalisch abgeleitet werden noch ist es mit mathematischer Logik zu beweisen oder zu widerlegen. Alles, was dazu geglaubt wird, basiert rein auf Denkmöglichkeiten und läßt keinerlei wissenschaftlich vertretbare oder gar unanfechtbare Theorien zu. Weder der größte Genius noch der Papst oder sonstige Religionswissenschaftler wissen hierzu in der Sache mehr als der einfache Mensch. Für die Erklärung aller durch die Naturgesetze erklärbaren Abläufe und die dadurch zum Ausdruck kommenden, beliebig komplexen Erscheinungsformen des vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums ist Gott nicht nötig. Gott setzt also dort ein, wo menschliches Verständnis und Erklärbarkeit aufhören, mithin bei der Entstehung der Welt, die physikalisch nicht erklärt werden kann, es sei denn, man nimmt an, die Welt sei ein unendlich periodisches, energetisch Konstantes zwischen Expansion und Kontraktion und sie habe nie begonnen und höre nie auf. Diese Vorstellung entbindet zwar von Gott als Ursache, denn was ewig war und ewig währt, kann nicht geschaffen worden sein, aber sie erklärt nicht den Sinn des Ganzen, es sei denn, man postuliert, die Welt habe keinen Sinn. Dem steht aus axiomatischer Sicht entgegen, daß alles eine Ursache, einen Sinn oder Zweck haben muß. Ungleich geladene Teilchen ziehen sich beispielsweise an, also könnten Körper nicht zusammengehalten werden, ja gar nicht existent sein, wenn dem nicht so wäre, also hat dieses Naturgesetz einen "Sinn". Ein Sinn kann aber nur durch ein denkendes Wesen verliehen werden, in der unbelebten Natur nennt man das Gleiche Zweck. Auch die belebte Natur besitzt durchaus einen Zweck, nämlich die Erhaltung des Lebens bei gleichzeitiger Evolution, wenngleich letzteres nach dem zuvor Gesagten eigentlich keinen Sinn macht, da alles Leben ja vergänglich ist. Die Sinnfrage wird zur Zeit nur durch das Postulat, daß es einen Gott gibt, gelöst, und somit zugleich erklärt, woher die Welt stammt, daß sie also keineswegs unendlich ist, sondern eigens für uns geschaffen sei, zu einem noch näher zu präzisierenden Zweck. Denn es stellt sich ja durchaus die Frage, wenn Gott die Welt geschaffen hat mit dem einzigen Ziel, den Menschen hervorzubringen, welche Absicht er dann damit verbindet. Zudem ist ein steuernder oder lenkender Eingriff eines höheren Wesens nicht unmittelbar erkennbar. Glück und Unglück des Menschen unterliegen günstigen oder ungünstigen Zufällen, was sich nicht zuletzt darin manifestiert, daß ein Mensch unmittelbar aufeinanderfolgend und sogar alternierend Niederlagen oder Erfolge verbuchen kann. Wer meint, Gott durch ein Gebet zu seinen Gunsten stimmen zu können, wird rein statistisch in ebenso vielen Fällen erhört wie nicht gehört, und er kann sich daraus zwar ein Konzept von Lohn und Strafe für sich selbst zurechtlegen und die Schuld in den Fällen des Nicht-erhört-werdens bei sich selbst oder in seinen Sünden suchen, aber er wird nichts daran ändern, daß die günstigen oder "glücklichen" Zufälle in der Natur überwiegen, d.h. statistisch häufiger vorkommen wie die ungünstigen, sonst wäre die Menschheit bzw. die jeweils in Mitleidenschaft gezogene Spezies längst ausgestorben. Die menschliche Art hat in Summe in diesem Stadium der Evolution insgesamt immer noch mehr "zufälliges" Glück als Unglück, aber das könnte sich ändern, womit wir beim Kernproblem der Gottesfrage angelangt wären, nämlich der Frage, ob alles, einschließlich der menschlichen Verhaltensweisen, dem freien und damit nichtentschuldbaren Willen unterliegt oder ob gewissermaßen alles deterministisch, d.h. durch die Kausalität festgelegt abläuft und damit gänzlich entschuldbar ist. Diese Überlegung ist von Bedeutung beim Bemessen von Gut und Böse, unserem zentralen Thema, denn es dürfte ziemlich klar sein, daß in einer rein durch die Vorsehung bestimmten Welt auch das größte Verbrechen entschuldbar ist, geschah es doch nicht in der Absicht einer freien Willensentscheidung. Gut und Böse spielen wiederum eine Rolle in der Frage der Wiedergeburt oder für ein Leben nach dem Tode als Lohn für gute Taten oder Bestrafung für schlechte. Wenn es keine Entscheidungsfreiheit gibt, dann hätte die Welt insgesamt keinen Sinn. Nehmen wir umgekehrt an, der Mensch soll sich frei für das Gute oder Böse entscheiden können, sich also für oder gegen Gott aussprechen, d.h. an ihn glauben oder ihn verleugnen, dann hat das insofern die Konsequenz, daß die Ungläubigen von den Gläubigen, die Schlechten von den Guten absepariert werden können und Gott sich am Ende die aussucht, die er will. Es ist nun a priori nicht erkennbar, was Gott mit uns Menschen vorhat, warum wir einen Grad an Vollkommenheit erreichen sollen, welcher der Natur zum Teil zuwiderläuft, wo doch allem Anschein nach die Bösen die größeren irdischen Vorteile einheimsen. Dieser Eindruck ist vielleicht falsch, und diese Lehre wird auch nur von der Kirche verbreitet, Tatsache ist aber, daß die Evolution von der Natur geplant ist, daß diese selbst kein Interesse an unvollkommenen Individuen besitzt, also kann auch Gott, wenn er wirklich der Schöpfer ist, kein Interesse an unvollkommenen Menschen haben, im Gegenteil, er verwirft sie, er sondert sie aus. Nach dieser Vorstellung besitzt Gott wahrhaft menschliche Züge, nach der Heiligen Schrift ist der Mensch zugleich das Abbild Gottes in mehr oder minder vollkommener Gestalt. Der Mensch erst hat Gott menschliche Wesenszüge beigemessen, und das würde bedeuten, daß dieser alle menschlichen Gefühle ebenso kennt, wie etwa Liebe und Haß, Zorn und Rachsucht etc. Er wäre also selbst beileibe nicht vollkommen, sondern er besäße alle menschlichen Unvollkommenheiten, insbesondere ist er ganz und gar kein Freund der Kranken und Schwachen, wie manche das gerne sähen. Gott ist auch grausam, läßt selbst Tyrannen walten, sonst wäre die Natur nicht das, was sie ist. Gott muß nach allem, was wir über ihn mutmaßen, furchtbar sein, nicht umsonst hat man den Begriff "Gottesfurcht" geprägt. Er kann es durchaus ertragen, wenn Menschen leiden, Schmerzen haben, aber vielleicht besitzt er, zumal er ja wie ein Mensch fühlt, auch Mitleid und Barmherzigkeit. Und er erscheint für uns Sterbliche keinesfalls als gerecht, denn diesen Begriff gibt es auf Erden nicht, von höherer Gerechtigkeit kann also keine Rede sein, möglicherweise aber gibt es eine Gerechtigkeit nach dem Tode, wir wissen es nicht. All dies mag der Grund sein, warum viele aus Enttäuschung sich von Gott abwenden und ihn leugnen. Keiner weiß eigentlich so recht, was Gott von uns will, es sei denn, daß wir an ihn glauben sollen. Umgekehrt scheint Gott zu wissen, daß wir wie er sein möchten, allwissend, allmächtig, unsterblich. Doch jeder von uns ist sterblich, auch wenn wir Gott noch so sehr um unser Leben bitten. Es fällt wirklich schwer, wenn man nach alldem Gott auch noch lieben soll, sich vor ihm erniedrigen und ihn anflehen muß, denn er ist unweigerlich der Stärkere. Das habe ich damit gemeint, daß Gott den Anschein erwecken will, als würde es ihn nicht geben, und wir trotzdem an ihn glauben sollen, ihn aber ebensogut auch verleugnen können. Wer die Kraft dazu aufbringt, trotz persönlicher Schicksalsschläge, ist wahrhaft zu bewundern, er ist ein wahrer Hiob. Viele können, weil Gott nicht so zu sein scheint, wie sie das gerne hätten, nicht an Gott glauben, und dies ist durchaus nachvollziehbar. Trotzdem zeigt es sich, daß jeder Mensch ein universelles Gen zu besitzen scheint, welches ihn über Gott und die Welt nachdenken läßt, ohne Ausnahme, ohne Zugehörigkeit zu einem bestimmten Glauben oder einem bestimmten Kulturkreis. Die größten Atheisten haben zugleich am angestrengtesten über Gott nachgedacht, allen voran Friedrich Nietzsche, zu einem Ergebnis gekommen sind sie allerdings nicht. Der Mensch muß ohne zu widersprechen hinnehmen, daß seiner Erkenntnis Grenzen gesetzt sind. Falsch ist sicherlich die Meinung, Gott müsse notwendig immer gut sein. Aber auch die Tatsache, daß er es nicht immer ist, besagt noch lange nicht, daß es ihn nicht gibt. Er muß sich uns in keiner Weise zu erkennen geben, im Gegenteil, er scheint nichts zu unterlassen, um sich uns abspenstig zu machen. Vielleicht ziehen diejenigen das große Los, die dennoch unerschütterlich im Glauben an ihn sind, weil sie ihm in allem vergeben. Auf jeden Fall kann eins ganz klar gesagt werden: wäre es unzweideutig, daß es Gott gibt, und würde er sich uns unverblümt zu erkennen geben, so würde automatisch jeder an ihn glauben, allein um seiner Autorität willen. Es wäre in diesem Fall sogar ausgesprochen unklug, sich gegen ihn zu wenden, weil er ja doch der Stärkere ist, der einerseits mit Höllenqualen droht, aber andererseits auch das Paradies verheißt. Wenn aber alle Menschen an Gott glauben würden, wäre die Schöpfung trotz des freien menschlichen Willens ebenso sinnlos wie eine deterministische Welt, in der allein die Vorsehung herrscht, d.h. der einzige Sinn, der verliehen werden kann, ist es, den Menschen Gelegenheit zu geben, den eingestreuten Zweifeln zu trotzen und sich ohne Wenn und Aber zu Gott zu bekennen. Dies heißt nicht, daß man deswegen die ganze Welt zu umarmen hätte und vor Nächstenliebe überquellen muß, sondern man kann durchaus auch auf Distanz zu den Leugnern gehen und diese sogar bekämpfen, denn Gott wird die, die kollektiv an glauben, als auserwähltes Volk betrachten. So scheint er sich gegenwärtig von den Christen, die nicht mehr so recht an ihn glauben mögen, eher abzuwenden und sich auf seiten der Gegenpartei zu schlagen. Auch dieses zu entscheiden liegt stets im Ermessen einer Gottheit. Soviel zur Logik! Ich persönlich neige aber mehr der Meinung zu, daß das alles durch humanistische Bildung und Prägung implantierte Hirngespinste sind, Fiktionen oder eine Form genetischen Wahnsinns, und daß man sich tunlichst auf die ureigene Vernunft besinnen sollte, weil sie erheblich mehr von praktischem Nutzen ist - jedenfalls bis zur Stunde des Todes.