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29.04.2004

Frau B. N. schrieb: Hallo Manfred,

meine Kommilitonin und ich müssen demnächst ein Referat über die Völkerwanderung der Hunnen an der Uni halten. Dafür dürfen wir nur Primärliteratur, sprich antike Quellen benutzen. Über Google haben wir Deine Seite gefunden mit den zwei Quellen über die Hunnen. Unsere Frage ist, ob Du noch mehr Quellen hast, oder uns ein paar Tips geben könntest wo wir noch welche finden. Die Bibliothek in Siegen haben wir schon durchforstet, leider nicht sehr erfolgreich, da vieles gar nicht übersetzt ist. Wir würden uns sehr freuen, von Dir zu hören.

Gruß

B. N. und Th. W.

Antwort: Hallo B.,

die beiden von mir angegebenen Quellen sind sicher die beiden wichtigsten Zeitdokumente über die Hunnen. Da wie über die Geschichte der Völkerwanderung ohnehin nur mangelhafte Kenntnis besitzen, sind sie als zeitgenössische Geschichtsschreibungen von unschätzbarem Wert.

Die ganze Problematik mit den Hunnen läßt sich am ehesten durch den Satz des Synesios von Kyrene aussprechen, der um 400 n. Chr. feststellte, daß die alten Skythen immer neue Namen erfänden, um die Römer zu täuschen. Die Hunnen nannte man nämlich oft Skythen, Awaren und Bulgaren hingegen Hunnen. Im sogenannten Maurikios-Strategikon, einem um 600 n. Chr. verfaßten Kriegshandbuch, sind mit Skythen die Awaren und Türken und die anderen hunnischen Völker gemeint. Der berühmte Bericht des Priskos erzählt von einem griechischen Kaufmann, der am Hofe Attilas zum hunnischen Krieger avancierte. Prokop spricht gar von der 'hunnischen' Lebensweise der Slawen.

Eine Quelle von nicht zu unterschätzendem Wert stellt übrigens unser Nationalepos dar, das Nibelungenlied. Im weitesten Sinne befassen sich alle Quellen, welche die Goten zum Gegenstand haben, auch mit den Hunnen, und diese sind neben der Gotengeschichte des Jordanis im wesentlichen byzantinischen Ursprungs: Prokop, Agathias, Anonymus Valesianus und Johannes von Antiochia.

Der Übergang von den Hunnen zu den Awaren ist fließend. Es ist nur schwer vorstellbar, daß die Überlebenden der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern plötzlich seßhaft und friedlich geworden sein sollen oder daß sie in anderen Völkern aufgegangen sind.

Über all den Rätseln und Geheimnissen kann man ein Leben lang brüten, ohne jemals kundig zu werden.

Ich drücke Euch jedenfalls für Eurer Referat die Daumen.

Mit freundlichen Grüßen

Manfred Hiebl