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Zeugnisse über die Lykier bei Herodot

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Die Lykier treten zwar bereits mit Homer ins Rampenlicht der Geschichte, wo sie auf seiten der Trojaner kämpfen, aber auch dort, in der Ilias nämlich, werden sie nicht als die ursprünglichen Bewohner des Landes bezeichnet, welches sie damals besiedelten:

1, 173. Die Lykier sind in alten Zeiten aus Kreta eingewandert. Ganz Kreta war vor Zeiten von Barbaren bewohnt. Dann kämpften um die Königsherrschaft in Kreta die Söhne der Europa, Sarpedon und Minos, und als die Partei des Minos die Oberhand gewann, vertrieb er Sarpedon samt dessen Anhang. Und die Vertriebenen zogen nach der Landschaft Milyas in Kleinasien. Das Land, das jetzt die Lykier bewohnen, hieß nämlich vor Zeiten Milyas, und dessen Bewohner hießen Solymer. Solange Sarpedon über diese Vertriebenen König war, behielten sie den Namen, den sie auf Kreta gehabt hatten, und den sie noch heute bei den Nachbarn tragen: nämlich Termilen. Dann aber kam aus Athen Lykos, der Sohn des Pandion, der ebenfalls von seinem Bruder, Aigeus, vertrieben worden war, zu Sarpedon ins Land der Termilen, und nun erhielten sie nach seinem Namen Lykos allmählich den Namen Lykier. Ihre Sitten sind teils kretisch, teils karisch. Einen merkwürdigen Brauch haben sie jedoch, der sich sonst nirgends auf der Welt findet. Sie erhalten ihren Familiennamen nach ihrer Mutter, nicht nach ihrem Vater. Wenn man einen Lykier nach seiner Herkunft fragt, so nennt er den Namen seiner Mutter und zählt deren weibliche Vorfahren auf. Und wenn eine Frau aus dem Bürgerstande mit einem Sklaven Kinder hat, gelten sie als Freigeborene. Umgekehrt wenn ein Bürger, und sei er noch so hochstehend, ein Weib aus der Fremde oder ein Kebsweib hat, sind seine Kinder unfrei.

Als Kyros sich Kleinasien dienstbar machte und seinen Feldherrn Harpagos losschickte, die dortigen Völker zu unterwerfen, begingen die Bewohner der Städte Xanthos und Kaunos, um der Knechtschaft zu entgegen, Massenselbstmord:

1, 176. Als Harpagos dann weiter gegen die Lykier zog und im Tal des Xanthos erschien, traten ihm die Lykier entgegen, und ihr kleines Häuflein kämpfte tapfer gegen das große Heer. Sie mußten weichen und wurden in ihrer Stadt eingeschlossen. Da ließen sie ihre Frauen und Kinder, ihre Habe und ihre Sklaven auf die Burg schaffen, zündeten sie an und ließen alles miteinander verbrennen. Darauf weihten sie sich selber durch furchtbare Schwüre dem Tode, machten einen Ausfall, und alle Männer des Xanthostales fielen im Kampf. Von den heutigen Xanthosbewohnern, die sich für Lykier ausgeben, sind die meisten Eingewanderte. Ausgenommen sind achtzig Familien, die damals nicht im Tale weilten und so dem Schicksal entgingen. So bekam Harpagos die Stadt Xanthos in seine Gewalt, und auf ähnliche Weise wurde er der Stadt Kaunos Herr. Die Kaunier nämlich folgten meist dem Beispiel der Lykier.

Später, auf dem Zuge des Xerxes gegen die Hellenen, trugen die Lykier mit einem Kontingent zur persischen Flotte bei:

7, 92. Die Lykier stellten fünfzig Schiffe. Sie trugen Panzer und Beinschienen, hatten Bogen aus Kornelkirschholz, nichtbefiederte Rohrpfeile und Wurfspeere. Um die Schultern hatten sie ein Ziegenfell geschlungen und auf den Kopf einen federbekränzten Hut gesetzt. Auch Dolche und Sichelmesser führten sie. Die Lykier sind aus Kreta gekommen und hießen Termilen; ihren jetzigen Namen erhielten sie nach dem Athener Lykos, dem Sohn des Pandion.

Quelle: Herodot, Historien
Alfred Kröner Verlag Stuttgart
Vierte Auflage
Übersetzt von A. Hornefer
Neu herausgegeben und erläutert von H. W. Haussig