Im selben Jahr, im Monat Dezember, in der fünften Nacht nach der Mondfinsternis, die sich am dreizehnten des Monats ereignete, sahen wir alle bei Anbruch der Nacht den nördlichen Himmel in der leuchtenden Farbe des Feuers oder des Blutes geädert. Da wir dachten, daß dieses Phänomen voll wundersamer Vorzeichen sei, staunten wir nicht minder.
Durch die Mitte dieser Röte, die zuerst nach und nach zuzunehmen begann, sahen wir sehr viele weiße Strahlen in einer bemerkenswerten Art von unten nach oben aufsteigen, soeben davor, dann dahinter, schließlich im Zentrum. Im unteren Teil erschien der Himmel hell, als ob Dämmerung herrschte wie kurz vor Sonnenaufgang, wenn der Himmel zu leuchten pflegt. Von dieser Erscheinung nach Osten zu sahen wir etwas Weißes, als würde der Mond dort aufgehen. Eben deswegen glänzte das Land und alles um uns herum gespenstisch hell.
Wenn das am Morgen passiert wäre, hätten wir alle gesagt: Der Tag wird schön. So aber vermuteten wir, daß entweder viel Blut durch Krieg vergossen würde oder daß etwas nicht minder Bedrohliches im voraus geplant war. Was uns jedoch ungewiß erschien, vertrauten wir getrost dem HERRN zu Seiner Entscheidung an.
Einige jedoch erklärten prophezeiend, daß dies ein Zeichen des Todes sei für jene, die im Laufe des nächsten Jahres sterben sollten. Und folglich starben jene: Papst Paschalis im Monat Januar; Balduin, der König des Volkes von Jerusalem, im April; auch seine Gemahlin, die er aufgegeben hatte, auf Sizilien; Arnulf, der Patriarch von Jerusalem; Alexius, der Kaiser von Konstantinopel, und viele andere unter den Großen dieser Welt.

Die Übersetzung ins Deutsche erfolgte in enger Anlehnung an die Übertragung aus dem Lateinischen: Fulcher of Chartres, A History of the Expedition to Jerusalem 1095-1127, Übers. Frances Rita Ryan, University of Tennessee Press 1969
 


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